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Zur Theorie der fastperiodischen Funktionen. II. Zusammenhang der fastperiodischen Funktionen mit Funktionen von unendlich vielen Variabeln; gleichmäßige Approximation durch trigonometrische Summen. (German) JFM 51.0212.02

Die erste Abhandlung Bohrs über fastperiodische Funktionen ist in F. d. M. 50, 196 (JFM 50.0196.*)-198 ausführlich besprochen worden. Der Inhalt dieser Besprechung wird für das Folgende vorausgesetzt.
Das Hauptresultat war, daß zu jeder fastperiodischen Funktion \(f(x)\) umkehrbareindeutig eine Fourierreihe \(\sum A_ne^{i\varLambda_nx}\) gehört, die im Mittel gegen \(f(x)\) konvergiert.
Im Falle linear unabhängiger \(\Lambda_n\) konvergiert die Folge der Fourier-Abschnitte (sogar gleichmäßig) gegen \(f(x)\). Daß dies bei linear abhängigen Exponenten nicht der Fall zu sein braucht, lehrt schon die klassische Theorie der Fourierreihen. Als eine Art Ersatz tritt hier der Approximationssatz von Weierstraß ein, der so formuliert werden kann: “Dafür, daß eine stetige Funktion \(f(x)\), \(-\infty < x < +\infty\), rein periodisch ist, ist notwendig und hinreichend, daß sie durch irgendeine Folge von trigonometrischen Polynomen der Form \(\sum\alpha_ne^{in\beta x}\) gleichmäßig approximiert werden kann.”
Das Hauptresultat der vorliegenden Arbeit ist die Übertragung dieses Satzes auf fastperiodische Funktionen, so daß diese nicht, wie bisher, durch Verschiebungseigenschaften, sondern durch Schwingungseigenschaften charakterisiert werden: “Dafür, daß eine stetige Funktion \(f(x)\), \(-\infty <x< +\infty\), fastperiodisch ist, ist notwendig und hinreichend, daß sie durch irgendeine Folge von endlichen trigonometrischen Summen der Form \(\sum b_ne^{i\lambda_nx}\) gleichmäßig approximiert werden kann.”
Zum Beweis wird für die Fourierexponenten \(\Lambda_n\) von \(f(x)\) eine Basis (\(\beta_1, \beta_2,\ldots\)) von linear unabhängigen Zahlen eingeführt, durch die sich die \(\Lambda_n\) linear und mit rationalen Koeffizienten (eindeutig) ausdrücken lassen: \[ \Lambda_n = r_{n1}\beta_1 + \cdots + r_{nq_n}\beta_{q_n}. \]
Diese Basis kann “ganz” sein oder nicht (d. h. alle \(r_{n\nu}\) sind ganze Zahlen oder nicht), sie kann aus endlich oder unendlich vielen Zahlen bestehen. Besteht die Basis nur aus einem Element und ist sie “ganz”, so ist \(f(x)\) rein periodisch; besteht sie nur aus einem Element, ist sie aber nicht-ganz, so kann \(f(x)\) (und zwar nur in diesem Falle) durch rein periodische Funktionen gleichmäßig approximiert werden. Bohr nennt solche Funktionen grenzperiodisch. Sie bilden eine Klasse “zwischen” den rein- und den fastperiodischen Funktionen und sind mit keiner von diesen identisch.
Auf diese Fälle der rein- oder grenzperiodischen Funktionen wird nun alles auch in dem allgemeinen Falle zurückgeführt, in dem die Basis beliebig ist. Als Haupthilfsmittel bietet sich hier die Theorie der Funktionen von unendlich vielen Veränderlichen: Der Fourierreihe von \(f(x)\) \[ \sum A_ne^{i\Lambda_nx} = \sum Ae^{i(r_{n_1}\beta_1x+\ldots )} \] wird zunächst rein formal die Reihe \[ \sum A_ne^{i(r_{n_1}x_1+\ldots )} \] an die Seite gestellt. Diese ist im allgemeinen divergent, läßt sich aber in ziemlich naheliegender und einfacher Weise summieren. Ihre Summe heiße \(F(x_1,x_2,\ldots )\), – eine Funktion, die sich als vollstetig erweist im ganzen Räume aller Variablen.
Es gilt dann (ganz ähnlich wie im Falle eines einzigen Basiselementes) der Satz: Ist die Basis ganz, so ist \(F\) reinperiodisch, ist sie nicht-ganz, so ist \(F\) grenzperiodisch.
Mit Hilfe dieses Satzes gelingt nun der Beweis des oben formulierten Hauptresultates der Arbeit. Und zwar wird zunächst gezeigt, daß sich jede rein- und jede grenzperiodische Funktion von unendlich vielen Variablen gleichmäßig im ganzen Raume durch endliche trigonometrische Summen der Form \[ S(x_1,x_2,\ldots, x_m) = \sum a_{n_1n_2\ldots n_m}e^{i(\lambda_{n_1x_1}+\ldots +\lambda_{n_mx_m})} \] gleichmäßig approximieren läßt. Setzt man nun wieder \(x_1 = \beta_1x\), \(x_2 = \beta_2x\), …, so geht \(F(x_1, x_2,\ldots )\) in \(f(x)\) über und \(S(x_1, x_2,\ldots )\) in eine endliche trigonometrische Summe von der im Hauptsatz verlangten Art, so daß dieser selbst erhalten wird.
In einem Anhang I wird eine Klasseneinteilung der fastperiodischen Funktionen angebahnt: Ist \(f(x)\) eine beliebige fastperiodische Funktion, so wird mit \(H (f(x+k))\) die Klasse derjenigen Funktionen bezeichnet, die aus allen Funktionen \(f(x + k)\), \(k\) beliebig reell, sowie denjenigen Funktionen besteht, die sich durch diese gleichmäßig approximieren lassen. Als Klasse \(K(f(x))\) wird die Menge der Funktionen bezeichnet, deren Fourierreihe bei der oben beschriebenen Verwendung der Basis (\(\beta_1, \beta_2,\ldots\)) die Form \[ \sum A_ne^{i(r_{n_1\varrho_1} + r_{n_2\varrho_2} + \cdots )}\cdot e^{i\Lambda_nx} \] beliebigen reellen \(\varrho_\nu\)) hat.
Die Bedeutung dieser Klasseneinteilungen wird untersucht und des weiteren bewiesen, daß bei ganzer Basis \(E\) und \(K\) identisch sind, während im allgemeinen Falle die zweite Einteilung sich als “feiner” erweist.
In einem Anhang II wird – als Vorbereitung zu einer Theorie der fastperiodischen Funktionen einer komplexen Veränderlichen – der Hauptsatz der Arbeit dahin verschärft, daß auf die bei den Approximationssummen verwendeten Exponenten \(\lambda_n\) geachtet wird: Die \(\lambda_n\) können stets aus den \(\Lambda_n\) gewählt werden. Der verschärfte Satz lautet also: “Es sei \(f(x)\) eine beliebige fastperiodische Funktion und \(\sum A_ne^{i\Lambda_nx}\) ihre Fourierreihe. Dann läßt sich zu jedem \(\varepsilon > 0\) eine endliche Anzahl unter den Fourierexponenten \(\Lambda_n\), etwa \(\Lambda_{n_1},\ldots,\Lambda_{n_q}\) und zugehörige Konstanten \(a_1,\ldots,a_q\) so wählen, daß für alle \(x\) die Ungleichung \[ \left|f(x) - \sum_{\nu = 1}^q a_\nu e^{i\Lambda_{n_\nu}x}\right| < \varepsilon \] besteht.” (IV 3 D, IV 7.)

MSC:

42A75 Classical almost periodic functions, mean periodic functions

Citations:

JFM 50.0196.*
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References:

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