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Memoir on zetafuchsian functions. (Mémoire sur les fonctions zétafuchsiennes.) (French) JFM 16.0252.02

Die vierte und fünfte Abhandlung zur Theorie der Functionen mit linearen Transformationen in sich beschäftigen sich mit dem Zusammenhang dieser Functionen mit der Theorie der linearen Differentialgleichungen mit algebraischen Coefficienten (Bezüglich der vorhergehenden Abhandlungen s. [Acta Math. 1, 1–62 (1882; JFM 14.0338.01); 1, 193–294 (1883; JFM 15.0342.01); 3, 49–92 (1883; JFM 15.0348.02)].
Zuvörderst handelt es sich dabei um die Durchführung der folgenden Probleme:
1) Gegeben ist eine lineare Differentialgleichung \(p\)-ter Ordnung, deren Coefficienten algebraische Functionen der unabhängigen Veränderlichen sind. Man bestimme die zugehörige Gruppe von Vertauschungen der Integrale eines Fundamentalsystems bei allen möglichen Wegen der unabhängigen Veränderlichen. Eine solche Gruppe, neben welche sich als “gleichberechtigt” alle aus anderen Fundamentalsystemen durch “Transformation” erhaltenen stellen, hängt von gewissen Fundamentalinvarianten, Functionen der Coefficienten der Differentialgleichung, ab. Unterscheidet man in der Differentialgleichung
\[ \frac{d^pv}{dx^p}+\varSigma\varphi_k\frac{d^kv}{dx^k}=0\;\text{mit}\;\psi(x,y)=0, \tag{1} \]
(wo die \(\varphi_k\) und \(\psi\) rationale Functionen von \(x,y\) sind) die Unendlichkeitsstellen der Coefficienten \(\varphi_k\) als eigentlich, bez. uneigentlich singulär, je nachdem beim Umlauf um eine solche Stelle die Integrale sich linear substituiren, oder alle nur um einen und denselben Factor ändern, so führt ein Vergleich der durch das Vorhandensein solcher singulärer Stellen gegebenen Bedingungen mit der Zahl der für eine gegebene Gruppe vorhandenen Fundamentalinvarianten zu folgenden Sätzen: Man kann im allgemeinen stets eine lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung von gegebener Gruppe und ohne uneigentlich singuläre Punkte finden. Aber für \(p>2\) ist für die Construction einer Differentialgleichung von gegebener Gruppe notwendig, ihr uneigentlich singuläre Punkte zu erteilen.
2) Handelt es sich jetzt um eine Differentialgleichung zweiter Ordnung
\[ \frac{d^2v}{dx^2}=\varphi(x,y).v, \tag{2} \] wo \(\varphi\) eine rationale Function von \(x\) und \(y\) bedeutet, mit der algebraischen Relation \[ \psi(x, y)=0, \] so ist es möglich, über die in \(\varphi\) enthalten gedachten Parameter so zu verfügen, daß \(x\) eine Fuchssche Function des Quotienten zweier Integrale der Differentialgleichung werde. (Dabei handelt es sich im Folgenden nur um Fuchssche Functionen mit Grenzkreis, nicht um die über der ganzen Ebene ausgebreiteten). Es sind dann für die Coefficienten der Differentialgleichung eine Reihe algebraischer und transcendenter Bedingungen zu erfüllen. Die algebraischen Bedingungen beziehen sich auf die singulären Punkte der Differentialgleichung; es müssen nämlich die Wurzel differenzen der zu jedem solchen Punkte gehörigen charakteristischen Gleichung (Fuchs) Null oder aliquote Teile von Eins sein. Die Erkenntnis der transcendenten Bedingungen und der Beweis, dass dieselben stets, und zwar nur auf eine Weise, zu erfüllen sind, stützt sich auf gewisse Continuitätsbetrachtungen über die Umformung des durch den Quotienten zweier Particularlösungen definirten “Fundamentalpolygons” bei der stetigen Aenderung der Parameter. (Man vergleiche hierzu auch F. Klein in seinen Noten “Über eindeutige Functionen mit linearen Transformationen in sich”, Klein Ann. 19, 565–568 (1881); 20, 49–52 (1882; JFM 14.0345.01)] und in der ausführlicheren Abhandlung “Neue Beiträge zur Riemann’schen Functionentheorie” [Klein Ann. 21, 141–218 (1882; JFM 15.0351.01)]. Die Ausführung des Beweises geschieht vor der Discussion des allgemeinen Falles speciell für die “symmetrischen Typen”, bei welchen das der Gebietseinteilung zu Grunde liegende Fundamentalpolygon ein symmetrisches ist.
3) Nach Durchführung dieses Beweises handelt es sich jetzt darum, wirklich die Coefficienten der in jedem Typus von Differentialgleichungen (für welche die singulären Punkte und die jedesmal zugehörigen charakteristischen Gleichungen übereinstimmen) enthaltenen “Fuchsschen Gleichung” durch Näherungsverfahren zu bestimmen; auch hier wird dabei zuvörderst der symmetrische Fall behandelt.
In analoger Weise lassen sich, und zwar noch unendlich oft, die Coefficienten der Differentialgleichung so bestimmen, dass \(x\) sich als “Kleinsche Function” des Quotienten \(z\) zweier Integrale ergiebt, wobei das Gebiet dieser Functionen sich nicht über die ganze Ebene erstreckt. Weiter lassen sich, und zwar nur auf eine Weise, die Coefficienten so bestimmen, dass \(x\) sich als Fuchs’sche oder Klein’sche Function von \(z\) darstellt, wobei der Gültigkeitsbereich dieser Functionen sich über die ganze Ebene ausdehnt; ein Beweis dieses letzteren Satzes hätte sich wieder auf das Princip der Continuität zu stützen.
Geht man wieder zur Differentialgleichung (1) \(p\)-ter Ordnung zurück und bezeichnen \(v_1, v_2,\dots,v_p\) deren Integrale, so läßt sich eine Variable \(z\) als Quotient der Integrale einer Differentialgleichung zweiter Ordnung (2) so bestimmen, dass \(v_1, v_2,\dots,v_p, x, y\) eindeutige Functionen von \(z\) sind. Man beschränke sich nun auf den Fall, dass \(x\) und \(y\) sich als Fuchssche Functionen von \(z\) mit “Fundamentalkreis” darstellen, daß also die zugehörige Gebietseinteilung keine “offenen” Cyklen (Familie 1, 2, 6 nach der in der ersten Abhandlung (Acta 1) gegebenen Einteilung (cf. [Acta Math. 1, 1–62 (1882; JFM 14.0338.01)] besitzt. Dann lassen sich die Integrale der Differentialgleichung \(p^{\text{ter}}\) Ordnung als Quotienten zweier nach Potenzen von \(z\) fortschreitenden Reihen datstellen, die, weil \(z\) auf das Innere des Fundamentalkreises beschränkt ist, überall convergent sind. Besitzt das zur obengenannten Gebietseinteilung gehörige Fundamentalpolygon alle singulären Punkte auf dem Grenzkreis, so schreiten jene Entwickelungen nach steigenden Potenzen von \(z\) fort. An Stelle dieser nach der Methode der unbestimmten Coefficienten sich ergehenden Reihenentwickelungen nach \(z\) setzt Poincaré eine Darstellung der Integrale mit Hülfe der “Zetafuchs’schen Functionen”, welche den Charakter und die Gesetzmäßigkeit jener Functionen besser übersehen läßt.
Es seien (mit der obenerwähnten Einschränkung auf eine Gruppe \(g\) von der 1., 2., 6. Familie) \(Z_1, Z_2, \dots, Z_p\) \(p\) nur im Innern des Fundamentalkreises existirende eindeutige Functionen von \(z\), so beschaffen, daß \(Z_i\) sich in \(\varSigma a_{ik}Z_k\) verwandelt, wenn \(z\) eine Substitution der Gruppe \(g\) erfährt (wo also die Substitutionen \(\varSigma a_{ik}Z_k\) eine Gruppe \(g\), isomorph zu \(g\) ausmachen). Es habe ferner \(Z_k\) im Innern des Grenzkreises nur ausserwesentlich singuläre Punkte, auf dem Grenzkreis nur logarithmische Unstetigkeitspunkte. So bezeichnet Poincaré solche Functionen, in Analogie mit der bei den elliptischen Functionen gebräuchlichen Terminologie, als Zetafuchssche Functionen. Mit Hülfe dieser Functionen lassen sich die Integrale der Differentialgleichung (1) darstellen. Bezeichnet \(Z_1,Z_2,\dots,Z_p\) ein System solcher Functionen, so ist die allgemeinste Form der zu einer Gruppe \(g\) gehörigen Zetafuchsschen Functionen gegeben durch ein System \(T_1, T_2,\dots,T_p,\) wo
\[ T_i=F_0Z_i+F_1Z'_i+F_2Z''_i+\cdots+F_{p-1}Z^{(p-1)}_i, \tag{3} \] wo die \(F_i\) in \(x, y\) rational sind, und \(Z_i^k\) die \(k\)-te Ableitung von \(Z\) nach \(x\) bedeutet. Die linearen Differentialgleichungen \(p\)-ter Ordnung, welchen alle solche Systeme Zetafuchsscher Functionen einer gegebenen Gruppe genügen, bezeichnet Poincaré wegen der zwischen ihnen bestehenden Relation (3) als zur selben Gattung gehörig.
Die Reihenentwickelung dieser Functionen besitzt, zunächst für die erste Familie, (für welche das Fundamentalpolygon ganz im Innern des Grenzkreises gelegen ist) die übersichtliche Form:
\[ Z_{\mu}=\frac{\xi_\mu}{\theta}, \] wo \[ \xi_\mu=\varSigma_i\varSigma_rA^i_{\mu\nu}H_\nu(\frac{\alpha_iz+\beta_i}{ \gamma_iz+\delta_i)}(\gamma_iz+\delta_i)^{-2m}, \]
(\(H\) eine rationale Function, \(A^i_{\mu\nu}\) die ersten Unterdeterminanten der auf die Substitution \((z, \frac{\alpha_iz+\beta_i}{\gamma_iz+\beta_i})\) in Gruppe \(g\) bezüglichen Substitutionsdeterminante \(|a^i_{\mu\nu}|\) t in Gruppe \(G)\), und \(\theta\) eine Thetafuchs’sche Function bedeutet. Dabei ist
\[ \xi_\mu\left(\frac{\alpha_iz+\beta_i}{\gamma_iz+\delta_i}\right)=\varSigma_\nu a^k_{\mu\nu}\xi_{\nu}(z)(\gamma_iz+\delta_i)^{2m}. \]
Die weitere Untersuchung der Zetafuchs’schen Functionen bezieht sich auf die Darstellung mit Hülfe der Unendlichkeitsstellen und zugehörigen Residua. Für die Ausdehnung der obigen bei Gruppen der ersten Familie überall convergenten Reihenentwickelungen auf die Gruppen der 2. und 6. Familie muss zuvörderst die Art der auf dem Fundamentalkreis gelegenen singulären Punkte untersucht werden. Wenn die auf jene Punkte bezüglichen charakteristischen Gleichungen nur reelle Wurzeln besitzen, so findet kein wesentlicher Unterschied mit den obigen Darstellungen statt, da dann jene Reihenentwickelungen gleichfalls absolut convergent sind. Im andern Falle aber lässt sich zunächst eine gleich übersichtliche Darstellung für die Zetafuchs’schen Functionen nicht erreichen. Poincaré giebt eine Entwickelung in Form einer rationalen Function von \(z\), multiplicirt mit einem Ausdruck von der Form \(\frac{1}{F^\mu}(\frac{df}{dz})^\mu\), wo \(F\) und \(f\) Fuchs’sche Functionen von \(z\) bedeuten.
Eine weitere Ausdehnung der hiermit fixirten Functionen wird durch Betrachtung auch der anderen “Fuchsschen” Gruppen, sowie der “Kleinschen Gruppen”, sei es, dass dieselben sich auf die ganze Ebene oder nur auf ein Stück derselben beziehen, gegeben.
Mit dem Hinweis auf solche weiterführenden Untersuchungen schliesst die Reihe der Poincaré’schen Veröffentlichungen, welche nach der in ihren Grundzügen gegebenen Theorie ein weites Feld für das Studium der eindeutigen Functionen mit linearen Transformationen in sich eröffnet, und durch ihren Zusammenhang mit den linearen Differentialgleichungen einen wesentlichen Einblick in die Theorie jener Gleichungen gewährt haben.

MSC:

34A30 Linear ordinary differential equations and systems
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