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Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts mit erläuternden Anmerkungen sowie mit Ergänzungen aus dem Briefwechsel Cantor-Dedekind. (German) JFM 58.0043.01

Herausgegeben von E. Zermelo nebst einem Lebenslauf Cantors von A. Fraenkel. VII + 486 S. Berlin, J. Springer (1932).
Der Name Georg Cantor ist so eng mit der Mengenlehre verknüpft, daß man überrascht ist, in den gesammelten Abhandlungen eine größere Anzahl von Arbeiten zu finden, die anderen Gebieten der Mathematik angehören. Zunächst (I) eine Reihe von Arbeiten - meist frühen Datums - zur Algebra und Zahlentheorie, darunter Cantors Dissertation und Habilitationsschrift: (l) De aequationibus secundi gradus indeterminatis (1867). (2) Zwei Sätze aus der Theorie der binären quadratischen Formen (1868).
(3) Über die einfachen Zahlensysteme (1869). (4) Zwei Sätze über eine gewisse Zerlegung der Zahlen in unendliche Produkte (1869). (5) De transformatione formarum ternariarum quadraticarum (1869). (6) Algebraische Notiz (1872). (7) Zur Theorie der zahlentheoretischen Funktionen (1880).
Dann folgen (II) Abhandlungen zur Funktionentheorie, darunter vor allem Untersuchungen über trigonometrische Reihen, insbesondere der Satz von der Eindeutigkeit der Darstellung einer Funktion durch eine trigonometrische Reihe: (l) Über einen die trigonometrischen Reihen betreffenden Lehrsatz (1870). (2) Beweis, daß eine für jeden reellen Wert von \(x\) durch eine trigonometrische Reihe gegebene Funktion \(f(x)\) sich nur auf eine einzige Weise in dieser Form darstellen läßt (1870). (3) Notiz zu dem Aufsatz: Beweis, daß eine für jeden reellen Wert von \(x\) durch eine trigonometrische Reihe gegebene Funktion \(f(x)\) sich nur auf eine einzige Weise in dieser Form darstellen läßt (1871). (4) Über trigonometrische Reihen (1871). (5) Über die Ausdehnung eines Satzes aus der Theorie der trigonometrischen Reihen (1872). (6) Bemerkung über trigonometrische Reihen (1880). (7) Fernere Bemerkung über trigonometrische Reihen (1880). (8) Über ein neues und allgemeines Kondensationsprinzip der Singularitäten von Funktionen (1882). (9) Bemerkung zu dem Aufsatz: Zur Weierstraß-Cantorschen Theorie der Irrationalzahlen (1889). Die Abhandlung (5) enthält (in §{} 1) eine erste Darstellung der Cantorschen Theorie der Irrationalzahlen und (in §{} 2) in der wiederholten Bildung der abgeleiteten Menge die ersten Ansätze mengentheoretischer Untersuchungen.
Abschnitt III bringt dann - beginnend mit der Erkenntnis der Abzählbarkeit der algebraischen Zahlen und der Nichtabzählbarkeit der reellen Zahlen eines Intervalls - die mengentheoretischen Arbeiten Cantors: (l) Über eine Eigenschaft des Inbegriffs aller reellen algebraischen Zahlen (1874). (2) Ein Beitrag zur Mannigfaltigkeitslehre (1878). (3) Über einen Satz aus der Theorie der stetigen Mannigfaltigkeiten (1879). (4) Über unendliche Punktmannigfaltigkeiten, I-VI (1879, 1880, 1882, 1883, 1884). (5) Sur divers théorèmes de la théorie des ensembles situes dans un espace continu à \(n\) dimensions, I (1883). (6) De la puissance des ensembles parfaits de points (1884). (7) Über verschiedene Theoreme aus der Theorie der Punktmengen in einem \(n\)-fach ausgedehnten stetigen Raume \(G_n\), II (1885). (8) Über eine elementare Frage der Mannigfaltigkeitslehre (1890/91). (9) Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre (1895, 1897). - Daß es für alle Interessenten - Gegner wie Freunde der Cantorschen Mengenlehre - von hohem Wert ist, diese Abhandlungen in ihrer Gesamtheit bequem zugänglich zur Hand zu haben, ist selbstverständlich.,,Aber auch abgesehen von dieser ihrer historischen Bedeutung sind die Cantorschen Originalabhandlungen” - nach den Worten Zermelos - “noch für den heutigen Leser von unmittelbarem Interesse, in ihrer klassischen Einfachheit und Präzision ebenso zur ersten Einführung geeignet und darin noch von keinem neueren Lehrbuch, übertreffen, wie auch für den Fortgeschrittenen durch die Fülle der zugrunde liegenden Gedanken eine genußreich anregende Lektüre.” Die in diesem Satz ausgesprochene Eigenart der Abhandlungen hat Zermelo durch die teils kritischen, teils erläuternden und an die neuere Literatur heranführenden Anmerkungen in hervorragender Weise zur Geltung gebracht. Ein Verzeichnis der mengentheoretischen Grundbegriffe erleichtert die Übersicht.
Der Abschnitt IV, der neben einigen kleineren Noten die Auseinandersetzung Cantors mit Einwänden, die von philosophischer und theologischer Seite gegen das Aktual-unendliche erhoben worden sind, und (als Teil von (4)) eine mathematische Theorie der Ordnungstypen mehrfach geordneter Mengen bringt, zeigt eine weitgehende Vertrautheit Cantors mit der philosophischen und philosophisch-theologischen Literatur auch der älteren Zeit und läßt auch sonst die Persönlichkeit Cantors stärker hervortreten. (1) Historische Notizen über die Wahrscheinlichkeitsrechnung (1873). (2) Ludwig Scheeffer (Nekrolog) (1885). (3) Über die verschiedenen Standpunkte in bezug auf das aktuelle Unendliche (1885 u. 1890). (4) Mitteilungen zur Lehre vom Transfiniten (1887/88 und 1890). (5) Die Grundlagen der Arithmetik (1885).
Von besonderem Interesse ist der Anhang, der Stücke aus dem bisher unveröffentlichten Briefwechsel von Cantor und Dedekind bringt. Sie zeigen, daß Cantor die aus den “inkonsistenten” Gesamtheiten aller Ordnungszahlen und aller Alephs entstehenden Schwierigkeiten wohl bekannt waren. Sie enthalten femer einen bis vor Kurzem unbekannten Beweis Dedekinds für den Aequivalenzsatz, der den Zermeloschen Beweis von 1908 vorwegnimmt.
A. Fraenkel, dem man schon eine ausführliche Cantor-Biographie im Jahresbericht D. M. V. 39 (1930), 189-266 (JFM 56.0025.*-26) verdankt, hat die gesammelten Abhandlungen durch biographische Ausführungen ergänzt.

Biographic References:

Cantor, Georg; Dedekind, Richard

Citations:

JFM 56.0025.*