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Untersuchungen zur Theorie der konformen Abbildung und der ganzen Funktionen. (German) JFM 56.0984.02

Acta Soc. sc. Fennicae (2) A, 1, Nr. 9, 40 S. (1930).
Den Kern der vorliegenden Arbeit bilden zwei Ungleichungen, die die Verzerrung bei konformer Abbildung in Zusammenhang bringen mit der Randgestalt des abzubildenden Gebietes. Als solches wird ein Streifen \(\varOmega\) zugrundegelegt; das ist ein Gebiet in das \(s = x + iy\)-Ebene, das eine Kurve \(s(t)\) (\(0 < t < 1\)) enthält, derart, daß \(s\to-\infty\) für \(t\to 0\), \(s\to +\infty\) für \(t\to 1\), und das aus jeder Geraden \(s =x\) Strecken ausschneidet, die unterhalb einer Schranke \(L_x\) liegen. Als Bildgebiet wird ein Streifen \(|\eta|<\dfrac a2\) in der \(\sigma=\xi+i\eta\)-Ebene gewählt. Die unendlich fernen Enden beider Streifen sollen sich entsprechen. Auf jeder Geraden \(s = x\) wird einer der Querschnitte, die sie in \(\varOmega\) bildet, in naheliegender Weise ausgezeichnet. Er heiße \(\theta_x\), seine Länge sei \(\theta(x)\). \(\xi_1(x)\) und \(\xi_2(x)\) seien Minimum bzw. Maximum von \(\xi(x)\) auf \(\theta_x\). Dann werden die Verzerrungen \(\xi_1(x_2)-\xi_2(x_1)\) und \(\xi_2(x_2)-\xi_1(x_1)\) (\(x_2>x_1\)) nach unten bzw. oben abgeschätzt, wobei in die Abschätzung nur Größen eingehen, die durch den geometrischen Verlauf des Streifens bestimmt sind.
Die sehr durchsichtige erste Hauptungleichung lautet \[ \xi_1(x_2)-\xi_2(x_1)\geqq a\int\limits_{x_1}^{x_2}\frac{dx}{\theta(x)}-4a, \] wenn \(x_1\) und \(x_2\) so gewühlt sind, daß \[ \int\limits_{x_1}^{x_2}\frac{dx}{\theta(x)}>2. \] Weniger allgemein ist die zweite Hauptungleichung; für sie müssen betreffend \(\varOmega\) weitgehende Einschränkungen gemacht werden. Sie lautet: \[ \xi_2(x_2)-\xi_1(x_1)\leqq a\int\limits_{x_1}^{x_2} \frac{dx}{\theta(x)}+Q(x_1,x_2), \] wobei \(Q\) ein Restglied ist, das vom Verlauf des Streifens in einem über die Querschnitte \(\theta_{x_1}\) und \(\theta_{x_2}\) hinausgreifenden Stück abhängt, und dessen Beschränktheit mit \(x_2\to\infty\) unter gewissen Umständen erschlossen werden kann.
Der Grundgedanke der Beweise ist derselbe wie bei der “Streifenmethode” von Grötzsch (vgl. z. B. 1929; F. d. M. \(55_{\text{II}}\), 792-793).
Es werden dann zweierlei Anwendungen der Hauptungleichungen gemacht. Die erste ist der Beweis der bekannten Denjoyschen Vermutung, die besagt, daß eine ganze Funktion mit \(n\) endlichen asymptotischen Werten mindestens von der Ordnung \(\dfrac n2\) ist, oder genauer, daß sogar \[ \liminf\frac{\log M(r)}{r^{\tfrac n2}}>0 \tag{*} \] ist (1907; F. d. M. 38, 445 (JFM 38.0445.*)). Denjoy selbst hat seine Vermutung nur für den Fall radialer Konvergenzwege bewiesen. Verf. beweist sie allgemein mittels seiner ersten Ungleichung, indem er dieselbe anwendet auf die Abbildungen, die die durch logarithmische Transformation aus den Gebieten zwischen zwei Konvergenzwegen entstehenden Streifen in Parallelstreifen überführen. Es ergibt sich aber noch beträchtlich mehr; setzt man nämlich \[ \lambda=\limsup\frac{|\arg z(t)|}{\log|z(t)|} \] für einen Konvergenzweg \(z(t)\), so ist diese Größe offenbar für alle Konvergenzwege dieselbe, und man findet, daß die Ordnung mindestens gleich \(\dfrac n2(1+\lambda^2)\) ist. Die (*) entsprechende schärfere Aussage wird hier nicht gewonnen.
Die zweite Anwendung der Hauptungleichungen bezieht sich auf die Frage nach der Existenz einer Winkelableitung. Es werden neuartige notwendige Bedingungen und eine ebensolche hinreichende gewonnen dafür, daß bei der konformen Abbildung eines gegebenen Gebietes \(G\) mit \(\infty\) als Randpunkt auf die rechte Halbebene, bei der \(\infty\) in \(\infty\) übergehen soll, in diesem Punkt eine von 0 und \(\infty\) verschiedene Winkelableitung existiert. (Natürlich bedeutet die hier gewählte spezielle Formulierung keine Beschränkung der Allgemeinheit.) Zur Charakterisierung der Resultate sei etwa die folgende notwendige Bedingung genannt: \(G\) besitze auch \(0\) als Randpunkt, und die Winkelableitung bei \(\infty\) sei reell; dann enthält \(G\) jedenfalls das rechte Ende der reellen Achse. \(\theta(r)\) sei der Öffnungswinkel desjenigen Bogens des Kreises \(|z|= r\), der in \(G\) liegt und die reelle Achse trifft. Dann muß das Integral \[ \int\limits^r \frac{\pi-\theta(r)}{\theta (r)}\frac{dr}r \] mit \(r\to\infty\) beschränkt sein. – Die hinreichende Bedingung enthält die von Carathéodory (1929; F. d. M. \(55_{\text{I}}\), 209).

Citations:

JFM 38.0445.*