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Ueber die Bewegung eines festen Körpers in einer Flüssigkeit. (German) JFM 20.0993.01

Bezieht man die Bewegung eines Körpers auf ein in dem Körper festes Coordinatensystem, so sind die Componenten der Rotationsgeschwindigkeit \(p,q,r\) unabhängig von der Wahl des Coordinatenanfangspunktes, hingegen sind die Componenten der fortschreitenden Geschwindigkeit \(u,v,w\) eines Punktes abhängig von den Componenten der Geschwindigkeit \(\mathfrak u,v,w\) des Anfangspunktes, also abhängig von der Wahl dieses letzteren Punktes. Die Bewegung kann man sich entstanden denken durch eine impulsive Einzelkraft mit den Componenten \(u=\frac{\partial T}{\partial{\mathfrak u}}\), \(v=\frac{\partial T}{\partial{\mathfrak v}}\), \(w=\frac{\partial T}{\partial{\mathfrak w}}\) und ein impulsives Kräftepaar mit den Componenten \({\mathfrak p}=\frac{\partial T}{\partial p},{\mathfrak q}=\frac{\partial T}{\partial q},{\mathfrak r}=\frac{\partial T}{\partial r}\). Von diesen sechs Grössen sind die drei ersten unabhängig von der Wahl des Anfangspunktes. Drückt man nun die lebendige Kraft \(T\) durch die sechs Grössen \(u,v,w,p,q,r\) aus, so erhält man eine Darstellung, welche unabhängig von der Wahl des Anfangspunktes ist, und welche ausserdem unmittelbar in zwei von nur je drei Grössen abhängende Bestandteile zerfällt: \[ T=E(u,v,w)+G(p,q,r). \] Die Grössen \(\mathfrak u,v,w\) sind solche linearen Functionen der sechs Grössen \(u,v,w,p,q,r\), dass der Punkt mit den Coordinaten \[ \frac 12\left(\frac{\partial{\mathfrak w}}{\partial q}-\frac{\partial{\mathfrak v}}{\partial r}\right),\quad \frac 12\left(\frac{\partial{\mathfrak u}}{\partial r}-\frac{\partial{\mathfrak w}}{\partial p}\right),\quad \frac 12\left(\frac{\partial{\mathfrak v}}{\partial p}-\frac{\partial{\mathfrak u}}{\partial q}\right) \] eine von der Wahl des Anfangspunktes unabhängige Bedeutung hat. Macht man ihn zum Coordinatenanfangspunkt, so werden die Grössen \[ {\mathfrak u}-\frac{\partial E}{\partial u},\quad {\mathfrak v}-\frac{\partial E}{\partial v},\quad {\mathfrak w}-\frac{\partial E}{\partial w} \] die Ableitungen einer homogenen quadratischen Function \(-F(p,q,r)\) nach \(p,q,r\), und die Grössen \[ {\mathfrak p}-\frac{\partial G}{\partial p},\quad {\mathfrak q}-\frac{\partial G}{\partial q},\quad {\mathfrak r}-\frac{\partial G}{\partial r} \] stellen sich als die nach \(u,v,w\) genommenen Ableitungen von \(F(u,v,w)\) dar. Es zerfällt also nicht nur die lebendige Kraft, sondern die augenblickliche Bewegung in zwei Teile, nämlich erstens in einen Teil, für welchen \(p=q=r=0\) ist, d. h. eine reine Verschiebung mit den Componenten \(\frac{\partial E}{\partial u}\), \(\frac{\partial E}{\partial v}\), \(\frac{\partial E}{\partial w}\) und einen zweiten Teil, für welchen \(u=0\), \(v=0\), \(w=0\) ist, d. h. eine Bewegung, deren Impuls ein impulsives Kräftepaar mit den Componenten \(\frac{\partial G}{\partial p},\frac{\partial G}{\partial q},\frac{\partial G}{\partial r}\) ist.
Die letztbezeichnete Bewegung, sowie der zur erstbezeichneten Bewegung gehörende Impuls lassen sich leicht verfolgen unter Einführung gewisser Linien. Es mögen \(\xi,\eta,\zeta\) die Richtungscosinus zweier Halbgeraden zu den im Körper festen Axen sein, welche durch die beiden Punkte \[ \pm\left(\zeta\;\frac{\partial F}{\partial\eta}-\eta\;\frac{\partial F}{\partial\zeta}\right),\quad \pm\left(\xi\;\frac{\partial F}{\partial\zeta}-\zeta\;\frac{\partial F}{\partial\xi}\right),\quad \pm\left(\eta\;\frac{\partial F}{\partial\xi}-\xi\;\frac{\partial F}{\partial\eta}\right) \] gezogen sind; diese Geraden sollen der zur Richtung \(\xi,\eta,\zeta\) gehörende erste resp. zweite Radius des Körpers heissen. Durch das impulsive Kräftepaar entsteht dann eine Schraubenbewegung um den zur Richtung \(p:q:r\) gehörenden Radius mit der Drehungsgeschwindigkeit \(\sqrt{p^2+q^2+r^2}\) und der Steighöhe \(-\frac{2F(p,p,r)}{p^2+q^2+r^2}\). Ganz analog reducirt sich der Impuls der Verschiebungsgeschwindigkeit \(\frac{\partial E}{\partial u},\frac{\partial E}{\partial v},\frac{\partial E}{\partial w}\) auf eine impulsive Kraft längs dem zu der Richtung \(u,v,w\) gehörenden zweiten Radius und ein impulsives Kräftepaar \(\frac{2F(u,v,w)}{\sqrt{u^2+v^2+w^2}}\) um diesen Radius.
Der zweite Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich mit den stationären Bewegungen, welche möglich sind, falls weder auf den Körper noch auf die Flüssigkeit äussere Kräfte wirken. Es ist wesentlich, dass unter der gemachten Voraussetzung bei jeder möglichen Bewegung die impulsive Einzelkraft sowohl als das in einer auf derselben senkrechten Ebene wirkende impulsive Kräftepaar in der räumlichen Lage und in der Intensität von der Zeit unabhängig sind, und dass auch die Arbeit des Impulses, also die kinetische Energie constant sind. Die Grösse des Impulses ist bestimmt durch die beiden Gleichungen \[ \begin{aligned} & u^2+v^2+w^2=J^2, \\ & u{\mathfrak p}+v{\mathfrak q}+w{\mathfrak r}=JJ_1. \end{aligned} \] Die stationären Bewegungen sind dadurch ausgezeichnet, dass hei gegebenem Impulse die erste Variation der kinetischen Energie verschwindet.
Im dritten Abschnitte drückt der Verfasser zunächst die Componenten der Rotationsgeschwindigkeit durch die Componenten der impulsiven Einzelkraft und deren Ableitungen nach der Zeit aus. Da ferner \(J^2=u^2+v^2+w^2\) constant ist, so kann man \(u,v,w,p,q,r\) durch zwei Grössen \(e_1,e_2\) und die Differentialquotienten nach der Zeit ausdrücken. In dem Zeitelement \(dt\) möge irgend ein fixirter Punkt \((a,b,c)\) in Richtung der unveränderlichen Axe des Impulses den Weg \[ d\sigma=\tfrac 1J\,\{ u({\mathfrak u}+cq-br)+v({\mathfrak v}+ar-cp)+w({\mathfrak w}+bp-aq)\}dt \] und eine fixirte Richtung \((\alpha,\beta,\gamma)\) um diese Axe den Weg \[ d\sigma_1=J\;\frac{up+vq+wr-(\alpha u+\beta v+\gamma w)(\alpha p+\beta q+\gamma r)}{(u^2+v^2+w^2)-(\alpha u+\beta v+\gamma w)^2}dt \] zurücklegen.
Ferner drücke man mit Hülfe der Constanz der lebendigen Kraft \[ T=L \] das Zeitdifferential durch die Differentiale von \(e_1,e_2\) aus. Sind nun die Stellungen der unveränderlichen Axe, d. h. \(e_1,e_2\), am Anfang und am Ende einer Periode bekannt, so ist der wirkliche Weg dadurch bestimmt, dass \[ \varPsi=2Lt-J\sigma-J_1\sigma_1 \] ein Minimum werden muss.
Dadurch ist nun aber nach bekannten Sätzen von Hamilton und Jacobi das Problem auf eine partielle Differentialgleichung erster Ordnung mit zwei Variabeln reducirt. Ist von dieser eine Lösung bekannt, welche ausser einer additiven eine zweite willkürliche Constante \(M\) enthält, so erhält man die noch fehlenden Integrale durch blosse Differentiationen. Es sei \(\varPsi\) die Differenz der Lösung für beliebige \(e_1,e_2\) und für die constanten Anfangswerte \(e_1^0,e_2^0\), so ist \[ \frac{\partial\varPsi}{\partial L}=t,\quad \frac{\partial\varPsi}{\partial M}=0, \]
\[ \sigma_1=-\frac{\partial\varPsi}{\partial J_1},\quad \sigma=\frac 1J(-\varPsi+2Lt-J_1\sigma_1). \] Hierdurch ist aber die Lage des Körpers bestimmt. Es bleiben dann also in jedem Falle noch die beiden Aufgaben zu lösen, erstens die Auffindung eines allgemeinen Integrals der partiellen Differentialgleichung, zweitens die Lösung des Umkehrproblems.
Zum Schluss der Abhandlung verweist der Verfasser auf die Beziehung seiner Resultate zu denen von Clebsch und Weber.