Johann Christoph Bartenstein
- Vizekanzler des Directoriums in publicis et cameralibus
- Direktor des Hausarchivs
Johann Christoph Bartenstein (1719 Ritter, 1733 Reichsfreiherr), *23. Oktober 1689 Straßburg, Elsaß, † 5. August 1767 Stadt 767, Federlhof (1, Lugeck 6; Stephansdom), Staatsmann, Sohn eines Protestantischen Schuldirektors. Wurde durch seine rechtshistorische Dissertation über den Krieg des Kurfürsten Moritz gegen Karl V. bekannt. Nachdem er bei den Benediktinern von Saint-Maur in Paris (den Begründern der wissenschaftlichen Urkundenlehre) gearbeitet hatte, ging er 1714 nach Wien, wo er dem Melker Benediktiner Bernhard Petz ein Empfehlungsschreiben übergab. 1715 in den Staatsdienst getreten (von Hofkanzler Seilern gefördert und inzwischen konvertiert), hatte er besonderen Anteil an den langjährigen Bemühungen, Karl VI. die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion (1713) durch die europäische Staaten zu verschaffen. Seine Karriere begann, als er (1726 Hofrat geworden) 1727 den erkrankten Geheimen Staatssekretär Buol zunächst als Substitut, dann als Nachfolger ersetzte. Diese Stellung brachte ihn in vertrauten Verkehr zu Karl VI., der sich allmählich völlig von seinem Minister leiten ließ; der rasche Aufstieg Bartensteins führte in den letzten Lebensjahren des Prinzen Eugen († 1736) zu einer Zurückdrängung dessen Einflusses; während des Zweiten Türkenkriegs Karls VI. (1737-1739) gehörte Bartenstein zu jenen Wiener Staatsmännern, die den Ausbruch der Kampfhandlungen förderten. Dasselbe galt für den Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748). Die öffentliche Meinung machte ihn deshalb für den Verlust von Neapel, Sizilien und Schlesien verantwortlich. Wenn auch abgeschwächt, so dauerte der Einfluß Bartensteins auch unter Maria Theresia an, bis ihn 1753 Kaunitz in der Leitung der Auswärtigen Angelegenheiten ablöste (1753 Geheimer Rat, Vizekanzler des Directoriums in publicis et cameralibus und Direktor des Hausarchivs, dessen Gründung er angeregt hatte). Auch nach seinem Rücktritt vermochte er sich die Zuneigung Maria Theresias zu bewahren, die ihn mit der Erziehung ihres Sohnes Joseph betraute, wofür er historische Kompendien erarbeiten ließ. Bartenstein besaß in der Vorstadt Landstraße ein Haus (3, Landstraßer Hauptstraße 33; 1729), in Niederösterreich die Herrschaften Ebreichsdorf, Hennersdorf, Raabs und Rastenberg. 1764 wurde er Commandeur des Stephansordens. Ein Hochrelief (von Caspar von Zumbusch) befindet sich hinter dem Kaunitz-Standbild auf dem Maria-Theresia-Denkmal. Siehe auch Bartensteingasse.
Literatur
- Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bände. Leipzig: Duncker & Humblot 1875-1912
- Matthias Bernath [Hg.]: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. 4 Bände. München: Oldenbourg 1974-1981
- Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u.a.]. Band 1: A-H. München: A. Francke 1973 (falsche Lebensdaten)
- Neue deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin: Duncker & Humblot 1953 - lfd. Band 1,1953
- Alfred Arneth: Johann Christoph Bartenstein und seine Zeit. Wien: Gerold 1871
- Friedrich Walter: Männer um Maria Theresia. Wien: Holzhausen 1951, Bibliographie
- Max Braubach: Johann Christoph Bartenstein. Herkunft und Anfänge. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Band 61. Wien/München: Oldenbourg / Wien/Graz/Köln: Böhlau / Innsbruck: Wagner 1953, S. 99 ff.
- Gustav Winter: Die Gründung des kaiserlichen und königlichen Haus-, Hof- und Staatsarchivs. 1749 - 1762. Wien 1902 (Archiv für österreichische Geschichte, 92), insbesondere S. 45 ff.
- Josef Hrazky: Johann Christoph Bartenstein, der Staatsmann und Erzieher. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11 (1958), S. 221 ff.
- Anna Hedwig Benna: Der Kronprinzenunterricht Josephs II. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 20 (1967), S. 115 ff.
- Hans Pemmer / Franz Englisch: Landstraßer Häuserchronik. Manuskript in 11 Bänden (WStLA). Wien: 1958 ff., Band 4, S. 227