Johann Caspar Bluntschli

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Johann Caspar Bluntschli in jungen Jahren

Johann Caspar Bluntschli, auch Johann Kaspar Bluntschli (* 7. März 1808 in Zürich; † 21. Oktober 1881 in Karlsruhe) war ein Schweizer Rechtswissenschaftler und badischer Politiker. Bluntschli lehrte an den Universitäten Zürich, München und Heidelberg. Bluntschli war Mitglied der Heidelberger Loge Ruprecht zu den fünf Rosen.

Johann Caspar Bluntschli in späteren Jahren
Erstausgabe von Bluntschlis antikommunistischer Schrift Die Kommunisten in der Schweiz („Bluntschli-Bericht“), 1843
Johann Kaspar Bluntschlis Wohnhaus in Heidelberg neben der Peterskirche, wo er von 1868 bis 1881 mit seiner Familie lebte
Die Grabstätte von Johann Caspar Bluntschli, Bergfriedhof (Heidelberg), auf dem Professorenweg

Aus einer alteingesessenen Zürcher Familie stammend – der Vater war Kerzen- und Seifenfabrikant – studierte Bluntschli zunächst in seiner Heimatstadt am Politischen Institut Rechtswissenschaft. Zur Vertiefung der historischen, philosophischen und juristischen Bildung folgten 1827–1829 Studien in Berlin und in Bonn, wo er 1829 mit einer Dissertation über das römische Noterbrecht zum Dr. jur. promoviert wurde. Nach einem Aufenthalt in Paris, der Bluntschli Einblicke in die französische Gerichtspraxis gewährte, kehrte er im April 1830 nach Zürich zurück, um zunächst Rechtsreferendar am Amtsgericht Zürich, und später Sekretär der Regierungskommission des Inneren zu werden. In den politischen Wirren der Restaurationszeit bekannte sich Bluntschli zur liberal-konservativen Bewegung, für die er 1832 ein Programm verfasste. 1839 bis 1845 war er Regierungsrat des Kantons Zürich.

Bluntschli lehrte ab 1833 an der Universität Zürich (wo er 1844/45 als Rektor amtierte), ab 1848 an der Universität München und ab 1861 an der Universität Heidelberg. 1873 war er einer der Gründer des Institut de Droit international in Gent. Er war Präsident des 2. (1861 in Dresden) und des 8. (1869 in Heidelberg) Deutschen Juristentages. Bluntschli war Präsident des Deutschen Protestantenvereins.

1840 erhielt Bluntschli den Auftrag, das zürcherische Privatrechtliche Gesetzbuch zu erstellen, das 1854–1856 in Kraft trat und in der ganzen Welt Beachtung fand. Weitere Werke sind Allgemeines Staatsrecht (1852) und Das moderne Kriegsrecht der civilisirten Staaten (1866), das Einfluss auf die Beratungen zur Haager Landkriegsordnung hatte. Bedeutung erlangte auch sein Buch über das Autorrecht (1853), in dem er das Recht des Autors, über die Veröffentlichung seines Werkes zu entscheiden, über das Naturrecht begründete.[1] Bluntschlis Erklärung des Rechtscharakters des Völkerrechts unterschied sich von den meisten seiner Zeitgenossen, da er in Abkehr von Friedrich Carl von Savignys Theorien den Gegensatz «Naturrecht – positives Recht» zu überwinden suchte. Zusammen mit Karl Brater gab er zwischen 1857 und 1870 ein Deutsches Staatswörterbuch in zwölf Bänden heraus, das in gewisser Weise parallel zur dritten Auflage des Rotteck-Welckerschen Staatslexikons erschien.

1864[2] wurde Bluntschli Freimaurer und Mitglied der Loge Ruprecht zu den fünf Rosen[3] in Heidelberg, wo er durch sein Wirken als Meister vom Stuhl die Loge prägte. 1865 schrieb er im Namen seiner Loge an Papst Pius IX. einen offenen Antwortbrief auf dessen Apostolisches Schreiben Multiplices inter, in der die Freimaurerei erneut verdammt wurde. Dieser offene Brief erregte grosses Aufsehen. Von 1872 bis 1878 war er Grossmeister der Grossloge «Zur Sonne» in Bayreuth[4] und wirkte an ihrer Verfassung und ihren Ritualen mit. Er trat auf den Grosslogentagen für die Einheit der deutschen Freimaurer unter einer deutschen Einheitsgrossloge ein. Ein konkreter Entwurf, den er auf dem Grosslogentag von 1878 vorlegte, stiess allerdings auf wenig Zustimmung, was ihn schwer traf.[2] Häufig war er in Freiburg, die dortige Loge Zur edlen Aussicht gehörte ebenso der Grossloge «Zur Sonne» an, und trat den Anschuldigungen von Alban Stolz entgegen.

Johann Kaspar Bluntschli Gedenktafel an seinem Heidelberger Anwesen

Von 1861 bis 1868 gehörte Bluntschli als vom Grossherzog ernanntes Mitglied der Ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung an. Von 1869 bis 1870 sowie nochmals 1879 bis 1880 besass er als Vertreter der Universität Heidelberg jeweils ein Mandat in derselben Ersten Kammer. 1868 wurde er als Abgeordneter für den badischen Wahlkreis BrettenSinsheim ins deutsche Zollparlament gewählt. Von 1873 bis 1876 war Bluntschli Abgeordneter des 14. Wahlbezirks (Villingen) in der Zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung. Dort befand er sich in der Fraktion der Nationalliberalen Partei. 1879 gehörte er zusammen mit dem Kommerzienrat Friedrich Engelhorn (BASF), dem Geheimen Kommerzienrat Carl Eckhard, Dr. Gustav Herdt, dem Generalkonsul der Niederlande Simon Hartogensis und Karl Funck zu den Gründern der Mannheimer Versicherung. 1868 wurde Bluntschli in die American Academy of Arts and Sciences und 1875 in die Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften[5] gewählt.

Unter dem Einfluss der Schriften Gobineaus und des zeitgenössischen Ariermythos vertrat Bluntschli offen rassistische Theorien. Er ging von einer hierarchischen Rassenordnung und einem engen Zusammenhang zwischen «Rasse» und Nationalstaat aus, wobei die «arisch-gemanischen» Staaten der Gegenwart (insbesondere das Deutsche Reich) herausragten und die «schwarze Rasse» seines Erachtens unfähig für Rechtsempfinden und zur Staatsbildung sei.[6][7]

Johann Caspar Bluntschli war seit dem 27. Februar 1831 mit Emilie Vogel verheiratet. Ihr Sohn Alfred Friedrich Bluntschli, erfolgreicher Architekt, war zuerst Schüler und später als Professor an der Zürcher Bauschule Nachfolger von Semper. Bluntschlis 1884 veröffentlichte Autobiografie trägt den Titel Denkwürdiges aus meinem Leben.

Bluntschli starb am 21. Oktober 1881 in Karlsruhe; sein Nachfolger als Professor an der Universität Heidelberg wurde 1882 der deutschbaltische Jurist August von Bulmerincq. Bluntschli wurde auf dem Heidelberger Bergfriedhof im Familiengrab beigesetzt, wo er neben seiner 1876 verstorbenen Frau Emilie ruht. Der Grabstein wird von zwei fein gearbeiteten Bronze-Bildnismedaillons, das Ehepaar darstellend, geschmückt. Die Grabstätte liegt am sogenannten „Professorenweg“ in der Abteilung D. 1896 wurde in Heidelberg eine Strasse nach Bluntschli benannt.[8]

Der Nachlass Bluntschlis befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich und der Johns Hopkins University in Baltimore (USA).

  • Alban Stolz: Die Hexen-Angst der aufgeklärten Welt. Unversiegelter Brief an Herrn Bluntschli und Gebrüder. Freiburg im Breisgau 1871 (Gegenschrift).
  • Hugo Ficke: Geschichte der Freimaurerloge zur edlen Aussicht in Freiburg in Baden. Freiburg im Breisgau 1874 (Digitalisat).
  • Gerold Meyer von KnonauBluntschli, Johann Caspar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 47, Duncker & Humblot, Leipzig 1903, S. 29–39.
  • Heinrich Mitteis: Bluntschli, Johann Caspar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 337 f. (Digitalisat).
  • Jacques Vontobel: Johann Caspar Bluntschlis Lehre von Recht und Staat. Schulthess, Zürich 1956, OCLC 264959126 Dissertation Universität Zürich 1956 unter dem Titel: Die liberal-konservative, organische Rechts- und Staatslehre Johann Caspar Bluntschlis.
  • Monika Faßbender-Ilge: Liberalismus – Wissenschaft – Realpolitik. Untersuchung des „Deutschen Staats-Wörterbuchs“ von Johann Caspar Bluntschli und Karl Brater als Beitrag zur Liberalismusgeschichte zwischen 48er Revolution u. Reichsgründung. R. Fischer, Frankfurt a. M. 1981.
  • Fabrizio Frigerio: Bluntschli, Johann Kaspar. In: Schweizer Lexikon, Mengis & Ziehr Ed., Luzern 1991–1993 (6 vol.), v. I, S. 620.
  • Brigitte Geiger: Die Rassentheorie von Johann Caspar Bluntschli. In: Zürcher Taschenbuch 114 (1994), S. 143–171.
  • Stephan Hobe: Das Europakonzept Johann Kaspar Bluntschlis vor dem Hintergrund seiner Völkerrechtslehre. In: Archiv des Völkerrechts, 1993, 31. Band. Nr. 4, S. 367–379.
  • Betsy Röben: Johann Caspar Bluntschli, Francis Lieber und das moderne Völkerrecht 1861–1881. Nomos, Baden-Baden 2003, ISBN 3-7890-8395-X.
  • Guido Wölky: Roscher, Waitz, Bluntschli und Treitschke als Politikwissenschaftler. Spätblüte und Untergang eines klassischen Universitätsfaches in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dissertation, Universität Bochum, 2006; urn:nbn:de:hbz:294-16911.
  • Erwin Forster: Johann Caspar Bluntschli (1808–1881). In: Gerd Kleinheyer, Jan Schröder (Hrsg.): Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. 5. Auflage. Heidelberg u. a. 2008, S. 70–73.
  • Carolin Metzner: Johann Caspar Bluntschli: Leben, Zeitgeschehen und Kirchenpolitik 1808–1881. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2009, ISBN 978-3-631-59679-1.
  • Theodor Bühler: Johann Caspar Bluntschli (1808–1881). In: Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 2009, 17. Jg., Heft 1, S. 91–108.
  • Ingrid Rademacher: Johann Caspar Bluntschli – conception du droit international et projet de Confédération européenne (1878). In: Études Germaniques, 2009/2 (n° 254), S. 309–328 (cairn.info).
  • Bruno Schmid: Bluntschli, Johann Caspar (2010). In: Historisches Lexikon der Schweiz. Version vom 22. September 2010; abgerufen am 11. April 2023.
  • Marcel Senn: Neue Rechtstheorien nach Maßgabe von Rassenlehren und Sozialdarwinismus zwischen 1860 und 1914. In: Ignacio Czeguhn et al. (Hrsg.): Eugenik und Euthanasie 1850–1945: Frühformen, Ursachen, Entwicklungen, Folgen. Baden-Baden 2009, S. 27–41.
  • Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. Hrsg.: Rektorat der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Springer, Berlin / Heidelberg / Tokio 2012, ISBN 978-3-642-70761-2.
Wikisource: Johann Caspar Bluntschli – Quellen und Volltexte
Commons: Johann Caspar Bluntschli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eckhard Höffner: Geschichte und Wesen des Urheberrechts. Band 1, München 2010, S. 349 ff.
  2. a b Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. Herbig Verlag, München 2006, ISBN 3-7766-2478-7.
  3. Freimaurerloge Ruprecht zu den fünf Rosen
  4. Jürgen Holtorf: Die Logen der Freimaurer. Nikol Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-930656-58-2, S. 141.
  5. Past Members: J.C. Bluntschli. Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 15. April 2023.
  6. Brigitte Geiger: Die Rassentheorie von Johann Caspar Bluntschli. In: Zürcher Taschenbuch, 1994, 114, S. 143–171.
  7. Marcel Senn: Neue Rechtstheorien nach Maßgabe von Rassenlehren und Sozialdarwinismus zwischen 1860 und 1914. In: Ignacio Czeguhn et al. (Hrsg.): Eugenik und Euthanasie 1850–1945: Frühformen, Ursachen, Entwicklungen, Folgen. Baden-Baden 2009, S. 27–41.
  8. Eintrag zur Bluntschli-Straße im Rhein-Neckar-Wiki