Knagge
Die Knagge ist eine spezielle Konsole im modernen Ingenieurholzbau, durch die Kräfte aus einem Bauteil in ein zum ursprünglichen Kraftverlauf parallel versetzt dazu angeordnetes Bauteil übertragen werden. Sie bildet oder vergrößert die Fläche zur Kraftübertragung. Als Knaggen werden solche Konsolen hauptsächlich beim Bauen mit stabförmigen Elementen bezeichnet, also im Holzbau und im Stahlbau.
Holzfachwerk
BearbeitenIm historischen Holzfachwerk ist eine Knagge ein in Ständer und Balkenkopf eingezapftes Winkelholz senkrecht zur Wand, das die Balken verriegelt und die Vorkragung gegen die Wand konsolenartig abstützt.[2] Die Knagge ist ein dreieckiges Vollholz, während Kopfband (Bug, Büge) und Strebe ein offenes Dreieck hinterlassen.
Häufig sind Knaggen zur Zierde der Fassade mit Schnitzereien, Figuren oder Ornamenten versehen.
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Knaggen mit geschnitzten Figuren am Tabalugahaus zu Duderstadt
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Knaggen unter Balkenköpfen an einem Bauernhaus in Wulften in der Samtgemeinde Artland
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Knagge an der Junkernschänke in Göttingen
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Knagge an der Langen Straße in Rheda-Wiedenbrück
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Knaggenreihe an Häusern der Gasse „Stieg“ in Quedlinburg
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Eine der Knaggen am Rathaus in Frankenberg (Eder). Die Inschrift: „ich pyff halt hart“
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Schematische Darstellung von Elementen des Fachwerks
Sparrendach
BearbeitenIn vielen Sparrendächern werden Knaggen zur Abtragung der Kräfte aus den Sparren in die Auflager einer Betondecke eingesetzt. Dadurch ist es möglich, durchgehende Hölzer für Dachfläche und Dachüberstand zu verwenden und damit eine knickfreie Dachansicht wie beim Pfettendach zu erhalten. Bei einer Direkteinleitung der Kräfte aus dem Sparren (ohne Knagge) muss der Sparren am Auflager enden, der Dachüberstand wird dann durch einen Aufschiebling[3] gebildet, wodurch sich eine im unteren Bereich und beim Dachüberstand verringerte Dachneigung ergibt.
Stahlbau
BearbeitenIm Stahlbau können zur Übertragung der Vertikallasten aus einem Träger in eine Stütze oder in die Wand Knaggen verwendet werden. Diese bestehen aus kleinen Stahlplatten, die an die Stütze bzw. ein in der Wand verankertes Anschlussblech angeschweißt werden. Der Träger bzw. eine am Ende des Trägers angeschweißte Kopfplatte legen sich dann auf die Knagge auf und übertragen so senkrechte Lasten auf die Stütze oder Wand, ohne dass die Wand oder Stütze unterbrochen oder durch Öffnungen geschwächt werden muss.[4][5]
Stahlwasserbau
BearbeitenIm Stahlwasserbau werden die an den Schlag- und Wendesäulen der Stemmtore gelegenen Anschlagstücke als Stemmknagge bezeichnet.[6] Die Stemmknaggen werden in Verbindung mit den Tordichtungen (Dichthölzer, Gummidichtung) dazu verwendet, eine Dichtung des Stemmtors zu erzielen. Bei Potentialunterschied in der Schleusenkammer wird zunächst die Dichtung verformt, bis die überschüssigen, durch den Wasserdruck wirkenden Horizontalkräfte über die Knaggen in das Betonfundament der Schleusenkammer abgeleitet werden.
Maschinenbau
BearbeitenIm Maschinenbau werden auch Spannelemente in der Fertigungstechnik sowie Befestigungs- oder Anschlagwinkel als Knagge bezeichnet.
Literatur
BearbeitenWeblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Fachwissen Bau Zimmerer. Handwerk und Technik - Hamburg, 1995, ISBN 3-582-03506-9, S. 169–173.
- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 22. Januar 2024), S. 283.
- ↑ Aufschiebling bei Zeno.org: „Lueger: Lexikon der gesamten Technik“
- ↑ Stahlbau-Arbeitshilfe 23.4. (PDF) In: bauforumstahl.de. Bauen mit Stahl, abgerufen am 16. Dezember 2018.
- ↑ Stahlbau Verbindungen. (PDF) Abgerufen am 16. Dezember 2018.
- ↑ BAW: Kollisionsbeanspruchungen im Stahlwasserbau – Untersuchungen zum Schiffsstoß auf Schleusentore und abzuleitende Maßnahmen. (PDF) Abgerufen am 25. Januar 2024.