Hermann Struck (Maler)
Hermann Struck (mit hebräischem Namen Chaim Aharon ben David. hebräisch חיים אהרון בן דוד; * 6. März 1876 in Berlin; † 11. Januar 1944 in Haifa) war ein deutsch-jüdischer Zeichner, Maler, Radierer und Lithograf.
Leben
BearbeitenHermann Struck, Sohn des Berliner Kaufmanns David Struck und der Henriette Hanff, erhielt seine Ausbildung an der Berliner Kunstakademie, die er mit Bravour bestand. Struck wurde ein angesehener Zeichner, Lithograf und Radierer in der Berliner Gesellschaft in den Zeiten um die Jahrhundertwende. Sein Name findet sich bereits 1906 im Mitgliederverzeichnis des Deutschen Künstlerbundes.[1] Es ließen sich nicht nur viele Künstler bei ihm in den Feinheiten seiner Künste unterrichten, sondern er war auch ein oft konsultierter Ratgeber in vielen künstlerischen und gesellschaftlichen Fragen. Für die vielen Besuche von Künstlern, Dichtern, Theaterleuten, Musikern, Journalisten, Wissenschaftlern und auch Rabbinern ließ er sich eigene Gesprächsräume in seinem Atelier einrichten.
Der große jüdische Schauspieler Alexander Granach erzählt in seinen Memoiren, wie Struck von Granachs Auftritt als Laienschauspieler einer jiddischen Arbeiter-Dilettanten-Gruppe begeistert ist. Er riet ihm, Deutsch zu lernen, und gab ihm Empfehlungen mit, insbesondere für den Schauspieler Emil Milan.[2]
Während des Ersten Weltkriegs diente er als Referent für Jüdische Angelegenheiten beim Oberkommando Ost[3] der deutschen Armee in denjenigen Teilen des Russischen Reiches, die nun Polen, Litauen, Lettland und Belarus sind. Aus einer Begegnung mit Arnold Zweig in Litauen (1915) entstand das Buch Das ostjüdische Antlitz. In regem Austausch war er mit dem Künstlerkollegen Ernst Oppler, im Nachlass sind insgesamt 43 Briefe erhalten.
Als orthodoxer Jude und engagierter Zionist gehörte er zu den Gründern der Misrachi-Bewegung des religiösen Zionismus. Nach einem ersten Besuch 1903 emigrierte er 1923 nach Palästina, wurde Mitglied der Bezalel-Akademie für Kunst und Design in Jerusalem und half bei der Gründung des Tel Aviv Museum of Art. Sein großer Einsatz für die Kunst in Israel, die neben der Gründung des Museums in Tel Aviv und einer Kunstschule in Jerusalem auch den Aufbau einer Künstlerkolonie in Haifa umfasste, brachte ihm breite Verehrung als „die künstlerische Seele Israels“ ein.[4]
Werk
BearbeitenStruck ist besonders bekannt für seine Radierungen und Lithografien. Besonderen Einfluss auf die Kunstwelt erreichte Struck um die Jahrhundertwende, als seine Drucke die grafische Kunst in Deutschland entscheidend mitprägten. Sein Buch Die Kunst des Radierens (1908) gilt heute noch als Standardwerk und war ein Werk mit großem Einfluss in seiner Epoche. Struck unterrichtete unter anderem Marc Chagall, Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth, Joseph Budko und Lesser Ury in der Kunst der Radierung und Lithografie.
Er schuf unter anderem Porträts von Henrik Ibsen, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud, Albert Einstein, Theodor Herzl, August Bebel, Alfred Kerr, Richard Dehmel, Hermann Cohen, Gerhart Hauptmann, Arnold Zweig, Alfred Kerr[5] und Oscar Wilde.
Eine Auswahl davon kann in der Hermann Struck-Ausstellung des Museums des Deutschsprachigen Judentums in Tefen im Norden Israels betrachtet werden. Dort befindet sich auch ein Zimmer mit Gegenständen aus Strucks Besitz.[6] Das Jüdische Museum Frankfurt widmete den Radierungen und Holzschnitten von Struck und seinem Künstlerkollegen Jakob Steinhardt von Dezember 2014 bis März 2015 eine Ausstellung. In dieser Ausstellung lag der Fokus auf seinen Werken von den Reisen nach Italien (1911), Amerika (1912/13) und seinen Aufenthalten während des Ersten Weltkrieges in Polen und Russland.[7]
Lehrwerk
Bearbeiten- Die Kunst des Radierens. Ein Handbuch. Paul Cassirer, Berlin 1908. 4. Auflage 1920 (archive.org); 5. Auflage 1923 unter Mitwirkung von Karl Schwarz.
Bücher mit Illustrationen Strucks (Auswahl)
Bearbeiten- Adolf Friedemann: Reisebilder aus Palästina. Mit Nachbildungen von Originalradierungen und Handzeichnungen von Hermann Struck. Verlag von Bruno Cassirer, Berlin 1904 (Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin).
- Hermann Struck, Herbert Eulenberg: Skizzen aus Litauen, Weißrussland und Kurland. 60 Steinzeichnungen. Georg Stilke, Berlin 1916 (archive.org).
- Felix von Luschan: Kriegsgefangene. Ein Beitrag zur Völkerkunde im Weltkriege. Mit 60 Textabbildungen und 100 Original-Lithographien von Hermann Struck. Reimer, Berlin 1917.
- Arnold Zweig: Das ostjüdische Antlitz. Zu zweiundfünfzig Zeichnungen von Hermann Struck. Welt-Verlag, Berlin 1920 (Digitalisat der Universität Frankfurt/Main).
- Salman Schneur: Wilna. Hasefer, Berlin-Charlottenburg 1924.
Literatur
Bearbeiten- G. Kutna: Hermann Struck. In: Ost und West. 2. Jg. (1902), Heft 1, Sp. 25–36 (uni-frankfurt.de).
- Arnold Fortlage, Karl Schwarz: Das graphische Werk von Hermann Struck. Mit vier Originalradierungen. Paul Cassirer, Berlin 1911.
- Adolph Donath: Herman Struck. Verlag für jüdische Kunst und Kultur, Fritz Gurlitt, Berlin 1920 (uni-frankfurt.de).
- Georg Brandes: Heinrich Heine. Mit zwei Radierungen von Hermann Struck (Porträt Heinrich Heine, Heines Grab). Hofmann & Campe, Hamburg, Berlin 1922.
- Struck, Hermann. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 32: Stephens–Theodotos. E. A. Seemann, Leipzig 1938, S. 211–212 (biblos.pk.edu.pl).
- John F. Oppenheimer (Red.) u. a.: Lexikon des Judentums. 2. Auflage. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh u. a. 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 284.
- Jane Rusel: Hermann Struck (1876–1944). Das Leben und das graphische Werk eines jüdischen Künstlers (= Judentum und Umwelt. Bdand 66). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 1997 (vollständiges Werkverzeichnis der Druckgraphik).
- Claus Stephani: Das Bild des Juden in der modernen Malerei. Eine Einführung. / Imaginea evreului în pictura modernă. Studiu introductiv. Zweisprachige Ausgabe (rumänisch/deutsch). Editura Hasefer, Bukarest 2005, ISBN 973-630-091-9.
- Bernd-Ingo Friedrich: Venezianische Nächte und Träume. Eine deutsche Anthologie und acht jüdische Albträume. In: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie. ISSN 0025-2948. Heft 223 (4.2016), S. 72–77.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Hermann Struck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Illustrationen von Hermann Struck in den Beständen der digitalen Sammlungen der Universitätsbibliothek Frankfurt/M
- Biografie in englischer Sprache ( vom 4. Juni 2011 im Internet Archive)
- Arnold Zweig und Hermann Struck
- Das ostjüdische Antlitz ( vom 6. Juni 2010 im Internet Archive)
- Teilnachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek
- Ausstellung zu Struck im Museum des Deutschsprachigen Judentums Tefen ( vom 29. Juni 2017 im Internet Archive)
- Werke von Hermann Struck im Bestand des Jüdischen Museums Berlin
- Literatur von und über Hermann Struck in der Bibliothek des Jüdischen Museums Berlin
- Hermann Struck im Leo Baeck Institut, New York
- Hermann Struck Museum in Haifa, Israel
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ s. Mitgliederverzeichnis im Katalog 3. Deutsche Künstlerbund-Ausstellung. Weimar 1906. S. 57 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ Alexander Granach: Da geht ein Mensch. Henschel Verlag Berlin, 1965, S. 107/108
- ↑ Gilya Gerda Schmidt: The Art and Artists of the Fifth Zionist Congress, 1901: Heralds of a New Age. University Press, Syracuse, N. Y. 2003, ISBN 0-8156-3030-1, S. 88 (englisch, books.google.de).
- ↑ Zwischen Berlin und Haifa – eine Instanz der Radierkunst. In: Berliner Zeitung. 1. August 2007, ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 5. November 2015. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
- ↑ Werkverzeichnis Rusel R 118
- ↑ omuseums.org.il
- ↑ Frühere Wechselausstellungen, Hermann Struck und Jakob Steinhardt. Radierungen und Holzschnitte. Jüdisches Museum Frankfurt, 5. November 2015, abgerufen am 5. November 2015.
Personendaten | |
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NAME | Struck, Hermann |
ALTERNATIVNAMEN | Chaim Aaron ben David (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler, Radierer und Lithograf |
GEBURTSDATUM | 6. März 1876 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 11. Januar 1944 |
STERBEORT | Haifa |