2. Das Erscheinen und Drucken von Originalwerken oder Uebersetzungen in ukrainischer Sprache wird im russischen Reiche verboten.
3. Es werden verboten alle Theatervorstellungen und Vorlesungen in ukrainischer Sprache, wie auch das Drucken von Musiktexten.“
Und wenn wir trotz dieser drakonischen Maßregeln im neunzehnten Jahrhundert eine Literatur entwickelt haben, welche unserer politisch-historischen Tradition treu bleibt, so konnte all dies nur durch große Opfer erkauft werden. Das hatte aber zur Folge, daß das zwanzigste Jahrhundert die Ukraine bereits politisch wachgerüttelt auffindet.
Es entstehen politische Parteien, welche unter den breiten Volksmassen Anhänger für ihre politischen Ideale werben; selbstverständlich sind alle diese Parteien revolutionär gesinnt! Denn die Revolution ist ja der Versuch, das herrschende Regime mit allen seinen Organen umzustürzen.
Jeder Ukrainer, welcher die Heilige Schrift in ukrainischer Sprache lesen wollte, mußte das Buch über die Grenze herüberschmuggeln und dabei das Erschossenwerden riskieren!
Jeder Ukrainer, welcher Volkslieder und Volksmärchen sammelte und sie im Originaltexte zu veröffentlichen versuchte, wurde als gefährlicher Umstürzler sofort zum Gerichte geschleppt.
Die Entwicklung der westeuropäischen Kultur hängt davon ab, ob es gelingen wird, die Gefahr, welche der moskowitische Staat für die Kultur bedeutet, aus der Welt zu schaffen. Und das geeignetste Mittel dazu wäre es, uns, den Ukrainern, die Möglichkeit zu geben, in die Reihe der Kulturvölker Europas einzutreten.
Menschen- und Völkerleben 1 (1916), Heft 6/7. Langguth, Esslingen am Neckar 1916, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Menschen-_und_Voelkerleben_1916_Heft_6-7.pdf/15&oldid=- (Version vom 24.2.2024)