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Pontifikalamt

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Pontifikalamt mit Pietro Kardinal Gasparri 1928 in Rom

Als Pontifikalamt (lateinisch Sacrum pontificale oder Missa pontificalis) wurde in der katholischen Kirche eine heilige Messe bezeichnet, der ein Priester vorstand („pontifizierte“), der zum Tragen der Pontifikalien berechtigt war, gewöhnlich ein Bischof oder Abt. Die von einem solchen zelebrierte Totenmesse wurde entsprechend Pontifikalrequiem genannt.

Die Normen für die Feier des Pontifikalamts wurden in Buch II des Caeremoniale Episcoporum gegeben[1], wo ihnen die Angaben zu der vom Bischof geleitete Vesper (Pontifikalvesper), der Komplet, der Matutin und den Laudes vorangestellt waren.

Seit 1984 erwähnt das Caeremoniale Episcoporum die Missa pontificalis nicht mehr. Es beschreibt stattdessen die Missa stationalis („Stationsmesse“), jene Bischofsmesse, üblicherweise in der Kathedrale zelebriert, die die zentrale gottesdienstliche Feier einer Diözese als Ortskirche ist.[2][3] Im deutschen Sprachgebrauch hat sich für diese aber die Bezeichnung Pontifikalamt erhalten.

In den vorhergehenden Ausgaben von 1600[4] bis 1948[1] feierte bei der Missa pontificalis nur der berechtigte Priester; die anderen teilnehmenden Priester fungierten als Diakone, als Subdiakon, als Presbyter assistens oder als Zeremoniare.[5] Bei der heutigen Missa stationalis konzelebrieren alle anwesenden Priester mit dem Bischof, wodurch die Einheit der Ortskirche und die Vielfalt der Ämter rund um den Bischof deutlich wird.[3] Analog gilt dies für den Abt, der als Vorsteher seiner Klostergemeinschaft inmitten seines Konventes pontifiziert.

Eine heilige Messe, welcher der Papst vorsteht, wird auch als Papstmesse (Missa papalis) bezeichnet. Auch diese wurde nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil grundlegend revidiert.[6]

Die Missa pontificalis war für einen Bischof vorgeschrieben nur am Ostersonntag und bei der dritten Messe am Weihnachtstag. Andere nicht obligatorische pontifikale Feiern waren Weihnachten, Epiphanie, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Peter und Paul, Mariä Aufnahme in den Himmel, Allerheiligen, Jahrestag der Domweihe, Fest des Schutzpatrons der Kathedrale, Fest des Schutzpatrons der Stadt, Allerseelen, Darstellung des Herrn (Lichtmess), Aschermittwoch, Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern, Fronleichnam.[7]

Besondere Zeremonien

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Pontifikalämter zeichneten sich vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils durch besondere, aufwändige Zeremonien aus. Zu den Pontifikalien, die der Zelebrant trug, gehörten, zusätzlich zu Elementen, die heute von Bischöfen verwendet werden, die Pontifikaltunicella sowie Pontifikalhandschuhe, -schuhe und -strümpfe. Er benutzte die Kathedra, d. h. einen auf drei Stufen erhöhten und mit einem Baldachin ausgestatteten Thron, oder, wenn er dieses Privileg nicht hatte, ein Faldistorium.

Der Bischof wurde meist von der Gemeinde vor der Messe „eingeholt“ und mit einer Prozession in die Kirche geleitet, und ein Presbyter assistens unterstützte ihn bei der Zelebration.

Im Pontifikalamt wirkte eine Vielzahl von Klerikern und liturgischen Diensten mit: der Bischof als Zelebrant, ein Diakon und ein Subdiakon, zwei Assistenzdiakone, ein Presbyter assistens, zwei Zeremoniare und sieben Ministranten (zwei Ceroferare, ein Thuriferar (de facto zugleich Navikular), ein Librifer, ein Mitrafer, ein Baculifer sowie ein Träger des Handleuchters (italienisch bugia)).[5] Häufig wurden die Rolle des Diakons und des Subdiakons von Priestern übernommen, die aber in Dalmatik und Tunicella anstatt in priesterlichen Gewändern amtierten.

Neben dem großen Einzug und einer Prozession zum Auszug, bei denen der Träger der Pontifikalien die versammelte Gemeinde durch das Kreuzzeichen oder durch Besprengung mit Weihwasser segnete, wurden Pontifikalämter mit einer erweiterten Segensformel beendet, die Bischöfen und Äbten vorbehalten war.

Seit dem Motu proprio Traditionis custodes von Papst Franziskus vom 16. Juli 2021 dürfen die liturgischen Bücher und Riten aus der Zeit vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils nur in besonderen Fällen und ausschließlich mit Genehmigung des Diözesanbischofs verwendet werden.[8] So hat Jean-Marc Aveline, Erzbischof von Marseille, am 9. Januar 2022 in der Personalpfarrei Saint-Charles in Marseille ein Pontifikalamt gefeiert.[9]

Liturgische Bücher und Sprachgebrauch

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Den Ritus von Pontifikalgottesdiensten regelt im Allgemeinen das Caeremoniale Episcoporum; Bestimmungen zu besonderen Feiern des Bischofs – wie etwa Weihen – finden sich im Pontificale Romanum. Im Caeremoniale Episcoporum finden sich auch die Rubriken der Pontifikalvesper, des kirchlichen Abendgebetes, das von einem Bischof geleitet wird.

  • Rupert Berger: Kleines liturgisches Wörterbuch (= Herder-Bücherei Bd. 339/340/341). Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 1969, S. 346.
  • Rupert Berger: Pontifikalamt. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 8. Herder, Freiburg im Breisgau 1999, Sp. 417.
  • Caeremoniale Episcoporum ex decreto sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Ioannis Pauli PP II promulgatum, Editio typica. Typis Polyglottis Vaticanis, Vatikanstadt 1984.
  • Piero Marini: Il Caeremoniale Episcoporum e la riforma liturgica del Concilio Vaticano II. In: Ephemerides Liturgicae 104 (1990), S. 209–233.
  • Winfried Oppold OSB: Sakristan der Heiligen Kirche. Lese- und Rubrikenbüchlein für Mesner, Küster, Kantoren und für Oberministranten, hrsg. im Anschluss an die Schott-Meßbücher. Herder, Freiburg im Breisgau 1953, S. 83, 98, 102, 129 (beschreibt kurz das Pontifikalamt vor der Liturgiereform des II. Vaticanums; enthält knappe Hinweise zum Bischofsempfang und Pontifikalsegen).
  • Joseph Kardinal Ratzinger: Der Geist der Liturgie. Eine Einführung. Herder, Freiburg im Breisgau, 3. Auflage 2000, S. 63f, ISBN 3-451-27247-4 (theologisch-biblische Erschließung der zwei hl. Orte Kathedra und Altar im Bischofsgottesdienst).
  • Karl Wiesli SAC (Hrsg.): Handbuch für Sakristane. Verlag Winfried-Werk, Augsburg 1965, S. 61–66 (beschreibt ausführlicher das Pontifikalamt von Bischöfen und Äbten vor der Liturgiereform des II. Vatikanums).
  • Zeremoniale für die Bischöfe in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes. Herder, Freiburg im Breisgau; Paulus, Freiburg (Schweiz); Friedrich Pustet, Regensburg/Veritas, Linz 1998, Ndr. 2010, ISBN 978-3-7917-1607-7 (Pustet) u. a.

Einzelnachweise

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  1. a b Caeremoniale Episcoporum, dritte Auflage (1948)
  2. Hans Bernhard Meyer: Eucharistie. Geschichte, Theologie, Pastoral (= Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 4). Regensburg 1989, S. 371.
  3. a b Caeremoniale Episcoporum ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum, auctoritate Pauli PP. VI promulgatum. Typis Polyglottis Vaticanis 1985, Nr. 119, S. 41.
  4. Caeremoniale Episcoporum 1600
  5. a b Andrea Ferrigni-Pisone, Catechismo liturgico (Gabinetto Letterario, 1857), Band IV, S. 22
  6. Siehe den Bericht von Piero Marini (italienischer Text; englischer Text).
  7. Manuale decretorum Sacrae Rituum Congregationis: quae ex collectione authentica ad ecclesiasticorum utilitatem et opportunitatem deprompta sunt. Mainz 1873, S. 170–171.
  8. Traditionis custodes, Artikel 2.
  9. Paroisse Saint-Charles à Marseille: Paroisse de rite traditionnel