Pierre Harmel
Pierre Charles José Marie Graf (seit 1991) Harmel (* 16. März 1911 in Uccle/Ukkel bei Brüssel; † 15. November 2009 in Brüssel)[1] war ein belgischer Rechtsgelehrter und Staatsmann. Er war von 1965 bis 1966 belgischer Premierminister und von 1966 bis 1972 belgischer Außenminister.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Harmel machte in der Christelijke Volkspartij-Parti Social Chrétien (CVP-PSC, heute aufgespalten in CD&V und cdH) politische Karriere. Zwischen 1950 und 1972 bekleidete er mehrere Ministerposten, darunter denjenigen des Premierministers (1965–1966). In Belgien war sein Einfluss prägend in den Bereichen Unterrichtswesen und Kultur sowie in den Beziehungen zwischen den Gemeinschaften.
Nach dem Erwerb eines Diploms als Doktor der Rechte, sowie Lizenzen in Sozialwissenschaften, Notariat (1933) und Steuerrecht (1940) erhielt Pierre Harmel eine Stelle als Assistent an der Universität Lüttich, bevor er 1947 zum Professor ernannt wurde, eine Funktion, die er erst 1981 aufgab. Pierre Harmel begann seine politische Laufbahn in der Parti Social Chrétien und wurde 1946 zum Abgeordneten gewählt. Zwei Jahre später nahm er an der Gründung des Zentrums der Forschung nach der nationalen Lösung der sozialen, politischen und rechtlichen Probleme der Wallonischen und der Flämischen Region teil. Das Zentrum legte 1958 einen Bericht vor, der die Notwendigkeit für beide Gemeinschaften aufzeigte, zur kulturellen Unabhängigkeit zu gelangen. Dieser Bericht galt als Grundlage für die spätere Sprachengesetzgebung Belgiens.
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwischen 1950 und 1961 bekleidete Pierre Harmel Ministerposten in mehreren aufeinander folgenden Regierungen (staatliches Schulwesen, Justiz und Öffentlicher Dienst) und wurde in der zweiten Regierung Gaston Eyskens (1958–1961) erster Minister für kulturelle Angelegenheiten in der Geschichte Belgiens. In seinem Amt als Minister des staatlichen Schulwesens ergriff er vor allem Maßnahmen zugunsten der staatlichen Subvention des mittleren, normalen und technischen Unterrichtswesens.
Nach einer Zeit als Vorsitzender des französischsprachigen Flügels der CSP (1964–1965) wurde er 1965 Premierminister und blieb dies bis 1966 in einer Koalition der Christlich-Sozialen und Sozialistischen Partei. Trotz seiner Bemühungen verfügte er nicht über eine ausreichende Mehrheit, um die Schlussfolgerungen des Runden Tisches in Bezug auf die Verfassungsreform mit Blick auf die Föderalisierung des Landes zu verabschieden.
Zwischen 1966 und 1972 gewann seine politische Karriere internationale Dimensionen, siebzehn Jahre nach seiner ersten wichtigen Handlung auf der internationalen Bühne, als er Belgien bei der 4. Versammlung der Vereinten Nationen vertrat. Als Außenminister war er Haupturheber des 1967 hinterlegten Harmel-Berichts. Dieser übte beträchtlichen Einfluss auf die Neudefinierung der Politik der NATO im Augenblick der Entspannung zwischen Ost und West aus. Als Verfechter einer starken Verteidigungspolitik, aber auch Befürworter eines Dialogs und von Maßnahmen konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Ostblock, diente er lange Zeit hindurch als bedeutendste Inspirationsquelle für die Politik der NATO und deren Willen, eine stabile Friedenspolitik zu garantieren. 1973 wurde Pierre Harmel zum Staatsminister ernannt und war bis 1977 Präsident des belgischen Senats. Für seine Verdienste erhob ihn 1991 König Baudouin in den erblichen Adelsstand eines Grafen.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1967: Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich[2]
- 1983: Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, korrespondierendes Mitglied seit 1977; 1994 Präsident der Akademie[3]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dumoulin, Vincent. Pierre Harmel: biographie. Brüssel: Le Cri Edition, 2004.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Pierre Harmel est décédé
- ↑ Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
- ↑ Académicien décédé: Comte Pierre Charles José Marie Harmel. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 23. September 2023 (französisch, mit Link zur Biografie (PDF)).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The Future Tasks of the Alliance: NATO's Harmel Report, 1966/67 ( vom 11. April 2005 im Internet Archive) Dokumentekollektion zum Harmel-Bericht von 1967, vom Parallel History Project on NATO and the Warsaw Pact (PHP)
Personendaten | |
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NAME | Harmel, Pierre |
ALTERNATIVNAMEN | Harmel, Pierre Charles José Marie (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | belgischer Politiker (PSC) und Jurist |
GEBURTSDATUM | 16. März 1911 |
GEBURTSORT | Uccle/Ukkel bei Brüssel |
STERBEDATUM | 15. November 2009 |
STERBEORT | Brüssel |
- Präsident des Senats (Belgien)
- Senator (Belgien)
- Premierminister (Belgien)
- Außenminister (Belgien)
- Justizminister (Belgien)
- Staatsminister (Belgien)
- Les-Engagés-Mitglied
- Hochschullehrer (Universität Lüttich)
- Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande für Verdienste um die Republik Österreich
- Träger des Bundesverdienstkreuzes (Großkreuz)
- Träger des Leopoldsordens (Großkreuz)
- Träger des Ordens Leopolds II. (Großoffizier)
- Träger des Ordens der Eichenkrone (Großkreuz)
- Träger des Militär- und Zivildienst-Ordens Adolphs von Nassau
- Träger des Ordens von Oranien-Nassau (Großkreuz)
- Träger des Ordens der Aufgehenden Sonne
- Träger des Ouissam Alaouite
- Träger des Finnischen Ordens der Weißen Rose
- Träger des Nordstern-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Dannebrogordens
- Träger des Zedernordens
- Träger des Ordens El Sol del Perú
- Träger des Sankt-Olav-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Verdienstordens der Italienischen Republik (Großkreuz)
- Träger des Piusordens (Großkreuz)
- Honorary Knight Grand Cross des Order of St. Michael and St. George
- Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften und Schönen Künste von Belgien
- Mitglied der Ehrenlegion (Großkreuz)
- Belgier
- Geboren 1911
- Gestorben 2009
- Mann