Kolb von Wartenberg
Die Reichsministerialen Kolb(e) von Wartenberg[1] benannten sich nach der Burg Wartenberg in Wartenberg bei Kaiserslautern, die im Jahre 1522 zerstört wurde. Sie hatten Besitz in Wachenheim, Kaiserslautern und Mettenheim.
Kaiser Leopold I. erhob 1699 Johann Kasimir II. Kolb von Wartenberg, den späteren ersten Premierminister des Königreichs Preußen, zum Grafen von Wartenberg, woraufhin der Graf 1707 die Kolb von Wartenbergischen Güter, die im heutigen Gebiet der Pfalz bzw. Rheinhessens lagen, zu einer Reichsgrafschaft mit dem Namen Wartenberg zusammenfasste. Diese wurde in den Oberrheinischen Reichskreis aufgenommen, wodurch die Familie als reichsunmittelbare Grafen in den Hochadel aufstieg. Seine ältere Halbschwester war die „Jungfer Kolb“, Maria Ursula Kolb von Wartenberg, die Erzieherin der Liselotte von der Pfalz.[2]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das linksrheinische (pfälzische) Reichsministerialengeschlecht von Wartenberg tat sich im 12. und 13. Jahrhundert als Burgengründer hervor.[3] Seit 1202 trat es urkundlich mit dem Beinamen Colbo auf, der als Kolb später Hauptname wird.[4] Stammesverwandt waren die Herren von Randeck, die ein ähnliches Wappen führten und im 14. Jahrhundert Burgmänner auf Montabaur waren,[5] sowie die Herren von Beilstein, die als Bilenstein oder Wilenstein auftraten.
Johann Kasimir II. Kolb von Wartenberg, der erste Premierminister des 1701 gegründeten Königreichs Preußen, wurde 1702 auch zum königlich preußischen General-Erbpostmeister ernannt. Nach seinem politischen Ende sank das reichsgräfliche Haus Wartenberg wieder zu regionaler Bedeutung herab.
Der Bau eines Residenzschlosses in Mettenheim im Jahr 1726 zeigt eine Konzentration seines Sohnes auf die Hofhaltung. Seine teils ererbte, teils selbstverursachte Verschuldung zwang ihn 1754, den Großteil der Grafschaft Wartenberg an den Markgrafen von Baden zu verpfänden. Unter seinen Nachfolgern Friedrich Karl (1772–1784) und Ludwig (1784–1792), die beide als Verschwender galten, setzte sich die Verschlechterung der finanziellen Situation des Hauses Wartenberg fort. Um den vollständigen Ruin zu vermeiden, ging Graf Friedrich Karl noch 1784 daran, ein Viertel der Grafschaft zu verkaufen. In einem vorläufigen Vertrag erwarb der Graf von Sickingen für 215 000 Gulden Ellerstadt, den Wachenheimer Hof, den Aschbacher Hof und 25 Prozent am Mitbesitz der Grafschaft Wartenberg. Der endgültige Abschluss des Verkaufs erfolgte im Jahr 1788 für 300 000 Gulden unter der Regierung des Grafen Ludwig Kolb von Wartenberg.
Auf den teilweisen Verkauf der wartenbergischen Besitzungen folgte 1792 durch die einfallenden französischen Revolutionstruppen die Vertreibung der Grafen aus der Pfalz. Das Schloss Mettenheim wurde 1793 von französischen Revolutionstruppen zerstört.[6] Als Entschädigung für den Verlust seines Territoriums erhielt Graf Ludwig 1803 die säkularisierte Reichsabtei Roth in Oberschwaben, die zur Grafschaft Wartenberg-Roth ernannt wurde. Ludwig starb dort kinderlos im März 1818 als letzter männlicher Vertreter seines Geschlechts, beerbt von den von ihm adoptierten Stiefsöhnen seiner Schwester Charlotte Luise Polyxena (1755–1844), die 1785 den regierenden Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach geheiratet hatte.[7] Die Grafen zu Erbach-Erbach nennen sich seitdem, vom Kaiser 1806 genehmigt, Grafen zu Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth. Graf Franz zu Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth verkaufte das Forstgut Rot Ende des 20. Jahrhunderts an den Bankier August von Finck junior.
Grafschaft Wartenberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Grafschaft Wartenberg gehörte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zum Oberrheinischen Reichskreis. Nach der Einnahme des Linken Rheinufers (1794) durch französische Revolutionstruppen und der späteren Integration in die Französische Republik (1797/1801) wurde die linksrheinisch gelegene Grafschaft Wartenberg aufgelöst. Als Entschädigung für den Verlust ihrer Grafschaft wurden die Grafen von Wartenberg 1802 mit den Besitzungen der Reichsabtei Rot an der Rot in Oberschwaben sowie Rentenzahlungen entschädigt.[1] Nach dem Wiener Kongress (1815) kam das vormalige Gebiet der Grafschaft 1816 an das Königreich Bayern (Rheinkreis), lediglich Mettenheim in Rheinhessen kam zum Großherzogtum Hessen.
Bestandteile
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Grafschaft Wartenberg bestand aus den zerstreut liegenden Gütern zu Aspach, Diemerstein, Ellerstadt, Fischbach, Imbsbach, Marienthal, Ober- und Nieder-Mehlingen, Mettenheim, Oranienhof, Rohrbach, Sembach, Wachenheim und Wartenberg.[1]
Regierende Grafen des Hauses Kolb von Wartenberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Kasimir II. Kolb von Wartenberg (1643–1712); Regierungszeit 1699–1712
- Kasimir Kolb von Wartenberg (1699–1772); Regierungszeit 1712–1772
- Friedrich Karl Kolb von Wartenberg (1725–1784); Regierungszeit 1772–1784
- Ludwig Kolb von Wartenberg (1752–1818);[8] als Graf von Wartenberg Regierungszeit 1784–1801; dann Graf von Wartenberg-Roth[9]
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Silber ein roter Balken, begleitet von drei (2:1) roten Kugeln. Auf dem Helm mit rot-silbernen Helmdecken ein schwarz gekleideter Jünglingsrumpf (Kolbenkerl) mit silberner Zipfelmütze, eine goldene Keule (Kolben) schräglinks vor sich haltend. 1702 anlässlich der Ernennung des Grafen Johann Kasimir zum General-Erbpostmeister des Königreichs Preußen mit einem goldenen Jagdhorn (Posthorn) „gebessert“. Als Schildhalter zwei Kolbenträger. Das Stammwappen der Kolb von Wartenberg (ohne das Jagdhorn) ging durch Adoption auf die Grafen zu Erbach-Erbach über.[10]
Das Wappen der stammverwandten von Randeck zeigte in Silber einen roten Balken, begleitet von drei (2:1) roten Lilien. Als Helmzier zwei silberne Büffelhörner, abweichend auch die Hörner im Stulp eines Hutes.[5]
Stammtafel der Kolb von Wartenberg (Auszug)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ulricus de Wartenberg 1212 siegelte Merbodo von Beilstein zusammen mit seinem Bruder Wernher von Wartenberg. | 1234 erlaubte König Heinrich VII. den Wiederaufbau des „Castrum Bylenstein“. | Merbodo de Bilenstein (erwähnt 1185) (1169 Merbodo von Wartenberg als Edler von Wilenstein) ___________________|______________________________________________________________________________________ | | | | | Ulricus Merbodo (I.) senior Werner I. („Colbo“ -seit 1202-) von Wartenberg († 1225) Henricus Merbodo junior -von Wartenberg- ⚭ Sophia -von Bilenstein- | 1464 wurde mit Merbodo II. Kolb von Wartenberg († 1255) Hans von Bilenstein, ⚭ Mechthild Küchenmeister | des Hochstifts Speyer, Werner II. Kolb von Wartenberg († 1289) letztmals ein ⚭ Gertrud Volmer von Metz Beilsteiner erwähnt. | Werner III. Kolb von Wartenberg ⚭ Gertrud von Leiningen | Werner IV. Kolb von Wartenberg ⚭ Agnes von Lumersheim | Werner V. Kolb von Wartenberg und Lumersheim ⚭ ? | Konrad I. Kolb von Wartenberg ⚭ ? | Johann Kolb von Wartenberg ⚭ Margaretha von Dürckheim | Konrad II. Kolb von Wartenberg ⚭ Elisabeth von Friesenheim († 1532) | Konrad V. Kolb von Wartenberg (1482–?) ⚭ Margaretha von Neuhausen († 1535) | Konrad VI. Kolb von Wartenberg (1525–1599) Autor einer Sammlung von 1301 (meist Arznei-)Rezepten (auch Anweisungen zur Forstwirtschaft) (Codex Palatinus Germanicus Nr. 290), Heidelberg (?) 1587 ⚭ Agnes Landschad von Steinach (1532–1589) | Konrad VII. Kolb von Wartenberg (1558–1602) Oberamtmann von Kaiserslautern[11] ⚭ (1/3) 1580 Anna von Oberkirch (1560–1587) ⚭ (2/3) 1588 Ursula Landschad von Steinach (1562–1594) ⚭ (3/3) 1595 Anna Helena Greck von Kochendorf († 1633) | Johann Kasimir I. Kolb Freiherr von Wartenberg (1584–1661) ⚭ (3/3) 1647 Maria Clara von Flersheim († 1690) 1603–08 Kommandeur der Garde des Großherzogs der Toskana 1608 kurpfälzischer Rat und Kammerjunker nach 1613/1620 Amtmann zu Stromberg und Oberamtmann (Vogt) von Bretten 1620–23 Generalkommissar über die Armeen in der Kurpfalz kurpfälzischer Geheimer Rat 1629 kurpfälzischer Statthalter zu Zweibrücken 1632 Ritter des Hosenbandordens 1655–† 61 Statthalter der Pfalzgräfin Marie Eleonore von Simmern zu Kaiserslautern[12] _______________________________|______________________________ ⚭ (1/3) 1615 Ursula von Stadion (1595–1633) ⚭ (2/3) 1635 Judith von Flersheim († 1644) | | „Jungfer Kolb“ (1618–1674) Johann Kasimir II. Kolb Erzieherin der Liselotte von der Pfalz Graf von Wartenberg (1643–1712) „Von mir hat die Liselotte die ganzen Schimpfworte ganz sicher nicht!“[13] 1. Premierminister des Königreichs Preußen ⚭ Anna Catharina (von) Rickers (1670–1734) | Kasimir Kolb Graf von Wartenberg (1699–1772) ⚭ Sophie Wilhelmine Eleonore von Solms-Rödelheim | Friedrich Karl Kolb Graf von Wartenberg (1725–1784) ⚭ 1751 Caroline Polyxena von Leiningen-Dagsburg-Hardenburg (1728–1782) ________________________________| | | Charlotte Luise Polyxena Kolb Ludwig Kolb von Wartenberg (1752–1818), Graf von Wartenberg, von Wartenberg (1755–1844) Graf von Wartenberg-Roth ⚭ 1785 Franz I. (1754–1823), -vererbte den Grafen zu Erbach-Erbach die Grafschaft Graf zu Erbach-Erbach Wartenberg-Roth, nachdem er seine Stiefneffen bereits 1804 adoptiert und für sie 1806 zu Wien eine Namen- und Wappenvereinigung als „Grafen zu Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth“ ergangen war -1845 Verkauf der Grafschaft Wartenberg-Roth, um das damals hoch belastete Grafenhaus Erbach zu retten[14]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Maximilian von Humbracht: Die höchste Zierde Teutsch-Landes, Stamm-Taffeln und Wapen. Frankfurt am Main 1707, Tafeln S. 203, 204.
- Georgius Helwich: Genealogia oder Geburts-Linie … der Kolben von Wartenberg, Berlin 1718
- Martin Dolch, Das linksrheinische Geschlecht von Wartenberg als Burgengründer im 12./13. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 102 (2004), S. 103–120
- Derselbe, Das nordpfälzische Geschlecht von Randecken (1202–1521), in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 103 (2005), S. 7–84
- Derselbe, Wilenstein. Die Burg und das sich nach ihr nennende Rittergeschlecht (1174–1372), in: Kaiserslauterer Jahrbuch für pfälzische Geschichte und Volkskunde 4 (2005), S. 15–124
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VI, Band 91 der Gesamtreihe, Limburg (Lahn) 1987, S. 397 f.
- Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, Band 102, hrsg. v. Paul Warmbrunn, Speyer 2004, S. 128 ff.: Kolb von Wartenberg (Digitalisat; PDF; 1,2 MB)
- Friedrich W.[Wilhelm] Weber, Das pfälzische Adelsgeschlecht der Kolbe von Wartenberg: Abstammung, Besitz- und Herrschaftsrechte in der nachmittelalterlichen Zeit (mit einer ausführlichen Würdigung des preußischen Erstminister Johann Casimir Kolb von Wartenberg), Kaiserslautern 1955
- Derselbe, Graf Ludwig, der letzte Kolb von Wartenberg: mit Nachrichten über die pfälzische Grafschaft Wartenberg und die Grafschaft Wartenberg-Roth in Oberschwaben, hrsg. vom Nordpfälzer Geschichtsverein, Otterbach, 1988
- Joachim P. Heinz: Der Reichsdeputationshauptschluss (1803) und die Auflösung der pfälzischen Grafschaften Wartenberg, Sickingen und von der Leyen. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz. 111. Bd., 2013, S. 185–265
- Georgius Helwich: Geburts-Linie des Geschlechtes der Kolben von Wartenberg, Digitalisat
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wartenberg (böhmisches Adelsgeschlecht) – andere Familien dieses Namens
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Band 5, 1864, S. 215 ff (Online)
- ↑ Kurt Baumann‚ „Jungfer Kolb“. Maria Ursula Kolb von Wartenberg. Erzieherin der Liselotte von der Pfalz‚ in: Kurt Baumann, Von Geschichte und Menschen der Pfalz. Ausgewählte Aufsätze von Kurt Baumann. Band 73, Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Speyer 1984.
- ↑ Martin Dolch, Das linksrheinische Geschlecht von Wartenberg als Burgengründer im 12./13. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 102 (2004), S. 103–120
- ↑ Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VI, Band 91 der Gesamtreihe, Limburg (Lahn) 1987, S. 397 f.
- ↑ a b Bernhard Peter: Photos schöner alter Wappen
- ↑ Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz und Saarland, Deutscher Kunstverlag, München 1984, S. 673; ISBN 3-422-00382-7
- ↑ Thomas Schwertfeger: Ortschronik Sembach ( vom 24. September 2015 im Internet Archive) (1994; PDF; 766 kB)
- ↑ Friedrich W. Weber, Graf Ludwig, der letzte Kolb von Wartenberg. Mit Nachrichten über die pfälzische Grafschaft Wartenberg und der Grafschaft Wartenberg-Roth in Oberschwaben
- ↑ Worldhistory: Wartenberg ( vom 26. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Bernhard Peter: Wappensammlung (6) Mittelrhein und Mosel
- ↑ Jakob Christoph Iselin u. a., Neu-vermehrtes Historisch- und Geographisches Allgemeines Lexicon, S. 1004 (Digitalisat)
- ↑ Jakob Christoph Iselin u. a., Allgemeines Historisches Lexicon: In welchem das Leben und die Thaten derer …, S. 717 f. ([Digitalisat])
- ↑ Sonderführungen "Zeitreise" -Die Rollen und ihre Darsteller: Jungfer Kolb von Wartenberg (Dr. Gabriele Gerigk), die Erzieherin der Elisabeth Charlotte, der Tochter des Kurfürsten Karl Ludwig, berichtet von ihrem schweren Leben als Hüterin eines Wildfangs.
- ↑ Bernhard Peter: Die Entwicklung der Erbacher Wappen
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Genealogieonline: West-Europese adel » Merbod I Heer van Wartenberg