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Applicazioni geometriche del calcolo infinitesimale. (Italian) JFM 19.0248.01

Torino. Bocca. XII. u. 336 S. (1887).
Das vorliegende Werk, welches freilich nicht über die Elemente der Infinitesimalgeometrie hinausgeht, verdient dennoch wegen der Eigentümlichkeit der Methoden und wegen der sorgfältigen Genauigkeit der Durchführung ein hohes Interesse. Die fortwährende Anwendung der Möbius-Grassmann’schen Streckentheorie, die eine solche Knappheit und Eleganz mit sich bringt, wie sie kaum bei der Quaternionentheorie zu finden ist, die exacte Begründung des Grenzbegriffes in der Geometrie, endlich die Einführung der Punktgebiete und der Functionen von Gebieten, wodurch die Infinitesimalgeometrie zu demselben Masse von Strenge und Allgemeinheit gebracht wird, welches die Infinitesimalrechnung neuerdings erlangt hat, dies alles macht die charakteristische Eigenart des Buches aus. Es möge nun eine kurze Uebersicht des Inhalts folgen.
Einleitung. Elemente der Streckentheorie; Summe mehrerer Strecken; Product zweier Strecken (von Grassmann, nicht von Resal eingeführt; siehe das Vorwort zur Ausdehnungslehre von 1844 S. VIII); Flächen und Volumina als gerichtete Grössen betrachtet; Coordinaten von Strecken; Elemente des barycentrischen Calcüls.
Capitel I. Geometrische Grenzen und Ableitungen. Nachdem die Grenzen von Strecken, Flächen und Rauminhalten sowie von Punkten, Geraden und Ebenen definirt sind, werden einige Sätze über die Grenzen von geometrischen Grössen (Summen von Strecken, Schnittpunkte von Geraden, u. s. w.) aufgestellt. Der Grenzbegriff führt auf natürliche Weise zur Definition der Ableitung einer als Function einer Zahl betrachteten Strecke; diese Abgeleitete ist ebenfalls eine Strecke und lässt folglich weitere Ableitungen zu. Die Uebertragung der Begriffe von Interpolarfunctionen und partiellen Abgeleiteten und der Taylor’schen Formel auf Strecken bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Capitel II. Ebene Curven.
Capitel III. Raumcurven und Flächen.
Capitel IV. Functionen der Lage eines Punktes. Als eine solche Function wird eine Zahlgrösse bezeichnet, die von der Lage eines Punktes abhängig ist. Gesetzt \( U = f(P), U + \varDelta U = f(P_1) \) , so ist (nach der in Capitel I gegebenen Definition des Productes von zwei Strecken) der Quotient \( \frac {\varDelta U}{PP_1} \) eine Strecke, deren Grenze als die Ableitung der ursprünglichen Function definirt wird. Ist eine Function \( U \) auf einer Linie oder Fläche constant, so ist die Ableitung normal zur Linie bezw. Fläche. Maxima und Minima der Functionen der Lage eines Punktes.
Capitel V. Geometrische Grössen. Ist eine lineare Punktmenge vorhanden, so kann man eine endliche Anzahl von Strecken angeben, die sämtliche Punkte der Menge enthalten, und auch eine endliche Anzahl von Strecken, deren sämtliche Punkte der vorgegebenen Punktmenge angehören. Die untere (obere) Grenze der gesamten Länge der ersten (zweiten) Strecken heisst die äussere (innere) Länge der Menge. Analoge Definitionen gelten für mehrdimensionale Punktmengen. Die äussere Länge stimmt mit dem Cantor’schen “Inhalte” (Math. Ann. XXIII. 473, Acta Math. IV. 388; siehe auch Harnack in Math. Ann. XXV. 241. Referate darüber in F. d. M. XVI. 1884. 459 u. 460, JFM 16.0459.01; JFM 16.0460.01; XVII. 1885. 506, JFM 17.0506.01; JFM 17.0506.02) vollkommen überein.
Die Länge eines krummlinigen Bogens ist die obere Grenze der Längen der eingeschriebenen gebrochenen Linien.
Eine Function eines Bereiches (“campo”, wie der Verfasser eine Punktmenge nennt) ist eine Grösse, die für jede Beschaffenheit des Bereiches je einen einzigen bestimmten Wert hat; z. B. die (äussere oder innere) Länge eines linearen Bereiches. Als ein Hauptsatz der Theorie solcher Functionen erweist sich der folgende (Vgl. Cantor in Acta Math. VII. 106; F. d. M. XVII. 1885. 504, JFM 17.0504.01): Ist \( q \) eine solche Beschaffenheit eines Bereiches, dass, wenn man diesen in eine endliche Anzahl von Teilen zerlegt, sie wenigstens einem Teilbereiche zukommt, so giebt es einen dem betrachteten Bereiche oder dessen Grenzbereiche (abgeleitete Punktmenge) angehörenden Punkt, dessen umgebender Bereich die Beschaffenheit \( q \) besitzt.
Eine Function eines Bereiches heisst distributiv, wenn der Wert der Function für den ganzen Bereich die Summe ihrer Werte für die Teilbereiche ist; so ist die oben als Beispiel angeführte Function distributiv.
Die Theorie der Functionen eines Bereiches giebt zu manchen Anwendungen Veranlassung, die aber hier nicht berührt werden können. Es folgt darauf die Berechnung von Linien, Flächen und Rauminhalten; die Theorie der angenäherten Quadratur ist, wie der Verfasser angiebt, nach Mansion (Belg. Bull. (3) XI. 293, F. d. M. XVIII. 1886. 265, JFM 18.0265.01) bearbeitet.
Capitel VI. Von der Krümmung. Krümmung und Torsion der Linien. Krümmung der Flächen.
Capitel VII. Veränderliche Figuren; Enveloppen. Die genaue Definition der Grenze einer veränderlichen Figur und die Aufstellung einiger darauf bezüglichen Sätze bilden die Grundlage für die Theorie der Enveloppen von Linien und Flächen. Die, wie wir glauben, neuen Definitionen der Polarlinie einer Geraden in der Ebene und der Polarebene einer Ebene im Raume erleichtern die Untersuchungen über ebene Enveloppen von Geraden und räumliche Enveloppen von Ebenen, sowie die Auflösung mancher geometrischen Probleme.
Die in den Text eingeflochtenen Beispiele und die zahlreichen Uebungen sind dazu geeignet, den Leser mit den wichtigsten Curven und Flächen bekannt zu machen.