Bach, Friedemann

Lebensdaten
1710 – 1784
Geburtsort
Weimar
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Musiker ; Komponist ; Organist ; Arrangeur ; Selbstverleger
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118505548 | OGND | VIAF: 74036708
Namensvarianten

  • Bach, Wilhelm Friedemann
  • Bach, Friedemann
  • Bach, Wilhelm Friedemann
  • Bach, Fr.
  • Bach, Guglielmo Friedeman
  • Bach, Guiglielmo Friedemanno
  • Bach, Guillaume Friedemann
  • Bach, Gvillaume Friedemann
  • Bach, W. F.
  • Bach, Wilh. Friedeman̄
  • Bach, Wilhelm F.
  • Der Hallische Bach
  • Hallische Bach

Vernetzte Angebote

Verknüpfungen

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Bach, Friedemann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505548.html [17.11.2024].

CC0

  • Bach, Wilhelm Friedemann

    Musiker, * 22.11.1710 Weimar, 1.7.1784 Berlin. (lutherisch)

  • Genealogie

    V Johann Sebastian Bach (s. 8);
    25.2.1751 Dorothea Elisabeth, T des Steuereinnehmers Johann Gotthilf Georgi, Halle;
    2 S (früh verstorben), 1 T.

  • Biographie

    Der älteste Sohn Johann Sebastian B.s war traditionsgemäß im Orgel- und Klavierspiel sowie in der Komposition Schüler seines Vaters, der für seinen Lieblingssohn das „Clavierbüchlein vor Friedemann B.“ (1720) mit eigenen Kompositionen und solchen von G. Ph. Telemann, J. C. Richter und G. H. Stölzel, nebst einer Manieren-Tabelle nach F. Couperin und einer Fingersatz-Anweisung angelegt hat (heute im Besitz der Yale-University, New Haven, Connecticut, USA). Später nahm B. noch Geigenunterricht bei J. G. Graun in Merseburg, einem Schüler von J. G. Pisendel und G. Tartini. B. besuchte die Lateinschule in Cöthen und die Thomasschule in Leipzig, wo er an der Universität 1723 als Depositus („nondum inscriptus“), 1729 als stud. jur. immatrikuliert wurde und außer den Rechten Philosophie und Mathematik studierte. 1733 wurde er Organist an der Sophienkirche in Dresden, der Residenzstadt, ausgezeichnet durch reiche Musikkultur und die italienische Oper unter J. A. Hasse. Hier entstanden viele von B.s besten Kompositionen, namentlich Konzerte, Sinfonien und Klavierwerke. In seinen frühen Sonaten - die erste (in D-dur) von „Sei Sonate per il Cembalo“ erschien 1745 im Druck „In Verlag zu haben 1. bey dem Autore in Dresden, 2. bey dessen Herrn Vater in Leipzig und 3. dessen Bruder in Berlin“ - kündigt sich der neue Stilwille der Klaviersonate in Deutschland an. 1746 ging B. nach Halle als Organist der Marktkirche St. Marien und als Director musices. Hier trat er mit Kirchenkantaten, eigenen und solchen seines Vaters hervor und lebte ab 1764 ohne Bindung an ein Amt („ohne engagement“) nur der Komposition und dem Unterricht. 1770 siedelte die Familie nach Braunschweig, 1774 nach Berlin über, wo B. sich mit öffentlichen Konzerten und Unterricht durchbrachte. Aus der altbürgerlichen Welt des Elternhauses sich schwer und langsam lösend, um ein freies, subjektives Künstlertum anzustreben, für das die sozialen Voraussetzungen in der neubürgerlichen Gesellschaftsordnung erst im Entstehen begriffen waren, geriet B. immer mehr in wirtschaftliche Not und innere Haltlosigkeit, so daß er beim Verkauf von Werken aus dem Nachlaß seines Vaters sogar vor Fälschungen nicht zurückschreckte. Als berühmter Orgel- und Klavierspieler war er bis in das Alter, besonders wegen seiner gerühmten Kunst der Improvisation, beliebt. Um das Leben des zwiespältigen Künstlers, eines „Originalgenies“ im Sinne der Zeit, legte sich bald nach seinem Tod ein Kranz von Legenden, wie er sich in E. Brachvogels Roman „W. F. B.“ (1858) spiegelt.

  • Literatur

    ADB I;
    M. Falck, W. F. B., 1913, ²1919 (mit themat. W-Verz.);
    F. Blume, in: MGG I (W, L, P).

  • Porträts

    Ölgem. (Städt. Kunstslg. Halle, Echtheit wohl zu Unrecht angezweifelt);
    Jugendbildnis in Pastell, vgl. C. Freyse, in: Ber. üb. d. Wiss. Bach-Tagung d. Ges. f. Musik-F in Leipzig, 1951, S. 349 ff.

  • Autor/in

    Wilibald Gurlitt
  • Zitierweise

    Gurlitt, Wilibald, "Bach, Friedemann" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 489 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505548.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Bach, Wilhelm Friedemann

  • Biographie

    Bach: Wilhelm Friedemann B., berühmter Musicus, auch der halle’sche B. genannt, war Joh. Seb. Bach's ältester Sohn aus dessen erster Ehe mit Maria Barbara geb. Bach. Er ist 1710 zu Weimar geboren, (sein Geburtstag ist nicht bekannt), 1. Juli 1784 zu Berlin. In seiner Jugend hat er eine sorgfältige musikalische und wissenschaftliche Bildung erhalten; der Vater hielt ihn für den zur Musik begabtesten unter seinen Söhnen und bestimmte deshalb die Kunst zu seinem Lebensberufe. Nachdem er 1717 mit dem Vater nach Cöthen und dann nach Leipzig übergesiedelt war, wurde er Schüler der Thomasschule. Schon vor dieser Zeit hatte der Vater ihm Unterweisung in der Composition und im Clavierspiele gegeben, so daß Friedemann sich bereits in seinem zwölften Lebensjahr eine höchst beachtenswerthe Sicherheit auf dem Instrumente angeeignet hatte. Von seinem 15. Jahre an erhielt er außerdem noch Violinunterricht bei I. I. Graun, dem späteren Concertmeister Friedrich des Großen, und auch auf diesem Instrument soll seine Fertigkeit bald bewunderungswürdig gewesen sein. Ebenso legten die Fortschritte in der theoretischen Musik und in der Kunst des Contrapunktes ein glänzendes Zeugniß für sein hervorragendes musikalisches Talent ab. Zu gleicher Zeit ließ B. aber nicht nach, sich auch in den wissenschaftlichen Schulfächern zu vervollkommnen, so daß er ungefähr 1729 oder 30 befähigt war, die Universität zu beziehen, Marpurg berichtet hierüber in seinen „Histor. krit. Beiträgen“, Bd. I. S. 431: „Nach öffentlicher Valediction von der Thomasschule schritt er zu den höheren Wissenschaften auf der Universität Leipzig, allwo er unter den Professoribus Jöcher und Ernesti die Philosophie und insbesondere unter Dr. Rüdiger die Vernunftlehre studirte. Ueber die Institutiones hörte er die Herren Dr. Köstner und Dr. Joachim und bei diesem Letzteren besonders die Pandecten, bei dem Herrn Dr. Stieglitz Wechselrecht und bei den Herren Professoribus Haußen und Richter die Mathematik.“ Nachdem B. auf diese Weise sich eine gründliche allgemeine und höchst beachtenswerthe musikalische Bildung angeeignet hatte, bewarb er sich 1733 um die Organisten-Stelle an der St. Sophienkirche zu Dresden, die ihm auch nach einer glänzend bestandenen Probe zu Theil wurde. Dieser Posten erheischte von B. nur das Orgelspiel, nicht die Leitung der Kirchenmusiken. Dem gemäß, war auch das Gehalt gering; doch scheint es, daß B. seine Einnahme durch Privatmusikunterricht in genügender Weise zu vermehren wußte. Ueber seine Verhältnisse dieser Dresdner Periode, sowie über seine Thätigkeit als Componist daselbst ist man allerdings nur sehr wenig unterrichtet. Man nimmt daher an, daß seine uns erhaltenen kirchlichen Compositionen erst aus der folgenden Halle’schen Periode stammen, und daß er in Dresden hauptsächlich Clavierwerke componirt hat. Marpurg berichtet uns ferner, daß er in Dresden seine auf der Universität begonnenen mathematischen Studien mit Fleiß fortgesetzt hat und zwar bei dem „sehr geschickten Commissionsrath und Hofmathematicus Walz“ und daß er dabei namentlich noch die Algebra fleißig geübt habe. B. blieb bis 1747 in Dresden, als in Halle durch Kirchhofs Tod die Organistenstelle an der Marienkirche frei wurde. Er bewarb sich um diesen Posten und erhielt ihn. Im Juli desselben Jahres trat B. sein neues Amt an, welches er bis 1764 inne hatte. In Dresden scheint B. eine geachtete Stellung eingenommen und ein regelmäßiges ruhiges Leben geführt zu haben; wenigstens ist durchaus kein Grund vorhanden, das Gegentheil anzunehmen. Während seines Aufenthaltes in Halle zeigten sich indeß Schwächen seines Charakters, welche sein ganzes folgendes Leben in höchst, betrübender Weise verbittern sollten. Ein Hang zur Faulheit und Trunksucht stellten sich ein, so daß er häufig seine amtliche Pflicht versäumte. Die Folge davon war, daß er|sich wiederholt Zurechtweisungen der Kirchenbehörde zuzog, welche ihm mit Recht einen lüderlichen Lebenswandel vorwarf. Er wurde immer zerstreuter und in sich gekehrter, und auf der anderen Seite in seinen Genüssen immer ausschwei fender. Das Verhältniß zu seinen Vorgesetzten war höchst unerquicklich; er gab daher 1764 seine Organistenstelle freiwillig auf. Vergeblich bemühte er sich nach einer neuen Anstellung. Sein Nachfolger im Amte war ein gewisser A. F. Roth und dann ein Herr Rühlemann, welche beide bald hinter einander starben. Da B. inzwischen noch keine neue Stellung gewonnen hatte, so schämte er sich nicht, 1768 sich zum zweiten Male um den von ihm selbst aufgegebenen Organistenposten an St. Marie zu bewerben, indeß ohne Erfolg. Seine Lage wurde immer drücken der; er verließ Halle und ging nach Leipzig, dann nach Braunschweig, Göttingen und schließlich (1774) nach Berlin. Da er es aber mit der Zeit verlernt hatte, zu arbeiten und ein ordentliches Leben zu führen, so hatte er nirgends Glück. In Berlin wurde ihm anfangs durch Kirnberger's Fürsprache bei der Prinzessin Amalie und bei anderen Musikern manche Unterstützung zu Theil, die er aber in so unehrenhafter Weise mißbrauchte, daß er schließlich gänzlich verlassen dastand, und in den dürftigsten und traurigsten Verhältnissen an völliger Entkräftung am 1. Juli 1784 zu Berlin starb, eine unglückliche Gattin hinterlassend, mit welcher er seit 1751 verheirathet war. Ueber seine Compositionen vgl. Bitter, s. u. S. 746, Bd. II. S. 175 ff. (Kirchen-Compositionen) u. S. 230 ff. (Instrumental-Compositionen).

  • Autor/in

    H. Bellermann.
  • Zitierweise

    Bellermann, H., "Bach, Friedemann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 743-744 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505548.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA