verschiedene: Die Gartenlaube (1867) | |
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im Wirthshause zechen, ehe man die Zeche zahlen konnte, die einen Heller betrug. An manchen Orten sollen die Bauleute den Mörtel mit Wein angerührt haben. Ein Edelmann überließ, um Fässer zu erhalten, den alten Wein seinen Bauern in der Frohne zum Austrinken. Darauf gab es so viele Händel und blutige Köpfe, daß die Strafen dafür dem Edelmann als Gerichtsherrn mehr eintrugen, als wenn er den Wein verkauft hätte. Der Zorn war freilich, wie bei den Alten der Furor, jener wüthende Geselle, der mit der Trinklust häufig verbunden erschien; es läßt sich aber nicht leugnen, daß ihr zur Seite auch ein vortrefflicher heiterer Cumpan, der Humor, einhergeht. Er gedeiht vorzüglich in der feuchten Atmosphäre der Zechstuben und wir verdanken ihm so manches gute Lied, manchen trefflichen Spruch und die Grundlage zu dem gemüthlichen Kneipenleben, das sich in Deutschland ausgebildet hat, zu dem nur der Deutsche das wahre Zeug und Talent besitzt. Ihm ist das Glas nicht nur die dem Bacchus geweihte Schale, „die Seele schaut mit in den Becher“, wenn er trinkt und dazu nicht einsam sitzt, sondern ein empfängliches Gemüth zur Seite haben muß. Der Spruch Sirach 31, 33: „Was ist das Leben, da kein Wein ist?“ enthält das größte Lob des Weins in den wenigsten Worten.
Wie bei den alten Germanen Meth und Bier die eigentlichen Getränke waren, so blieb letzteres, besonders in denjenigen Ländern, die den Weinbau nicht betrieben, das Hauptgetränk. Im Rathskeller wurden, dem ältesten Rechtsbrauche gemäß, Käufe und Verkäufe, Verpflichtungen und Contracte unter bestimmten Trinkceremonien abgeschlossen. Im Lande Hadeln wurden die Freigerichte meist im Kruge gehalten. Im Braunschweig-Lüneburgischen war der Kellerverwalter nicht selten der oberste Richter. Das Mittelalter betrachtete den Rathskeller gewissermaßen als eine ehrwürdige heilige Stätte, er gehörte nach dem Stadtrecht in Lübeck gleich den Kirchen, Friedhöfen, Marktplätzen etc. zu den besonders befriedeten Orten, an denen eigenmächtige Gewaltthaten begangen schwerer bestraft wurden, als wenn sie anderswo verübt worden. Das war ein Burgfrieden zu einer Zeit, als im lieben deutschen Reiche ein gewaltiger Durst herrschte und eine Schlemmerei, welche bis zum Sichselbstvergessen führte, wie es auch ein späterer naiver Schlemmerspruch charakterisirt:
„Ich wollt’ ich wär ein Louisd’or,
So kaufte ich mir Bier davor.“
Wer sich von der Geschichte des Weins und Biers, von den besonders in Deutschland geregelten und Gesetzen unterworfenen Trinkwesen und Trinkgelagen, vom Willkommen, vom Minne-, Vor-, Zu-, Gesundheit- und Wetttrinken ein interessantes und anschauliches Bild verschaffen will, dem seien zwei Schriften empfohlen: „Geschichte des Weins und der Trinkgelage von R. Schultze, Berlin“, und „Deutscher Trunk, Leipzig“.
George Sand und ihre Kinder. In neuester Zeit ist die Aufmerksamkeit der Welt auf die Kinder von Frau Sand gelenkt worden, deren sie zwei aus ihrer unglücklichen Ehe mit Herrn Dudevant besitzt. Es sind dies Maurice Sand, auch ein Schriftsteller, der vom Kaiser Napoleon in Anbetracht des Ruhmes seiner Mutter decorirt wurde, weil man nicht das Herz hatte, das Weib Sand mit dem Orden zu zieren, – und die Tochter der Sand, Frau Clesinger, die von ihrem Gatten geschiedene Frau des bekannten Bildhauers. Die beiden Geschwister haben kürzlich einen Proceß gegen ihren Vater, Herrn Dudevant, geführt, der sein Vermögen und das Erbe seiner Kinder vergeudet. George Sand besitzt bekanntlich das kleine Schloß Nohant, welches sie seit Jahren bewohnt, und ihr Sohn, Maurice Sand, lebte mit seiner Frau bei ihr. George Sand verließ ihre Heimath jedoch vor einigen Jahren in Folge eines Conflictes mit ihrem Sohne und bezog eine Wohnung in den Pariser Vorstädten; mit ihr zog ein ältlicher Mann, der einst als Gast nach Nohant gekommen und zehn Jahre dort geblieben war, die letzte Liebe der George Sand. Die Dichterin, welche das Geschick der Sappho oft erlebt, sich jedoch immer nur in erhöhte Thätigkeit gestürzt hatte, besitzt eben noch so sehr die Gabe zu fesseln, daß der Freund ihr sein Leben weihte und sie, von so viel Anhänglichkeit gerührt, sich für ihn entschied, als Maurice Sand, Rücksichten auf die Familie seiner Frau vorgebend, der Mutter Vorstellungen machte. Sie trennte sich von ihrem geliebten Besitze, vom Sohne und dessen Familie, zog in die Nähe von Paris und wohnte da mit dem alten Freunde, den sie in langer Kränklichkeit aufopfernd verpflegte, bis dieser starb. Jetzt lebt sie wieder in Nohant.
Das Leben hat der genialen Frau wenig Glück gebracht und Alfred Meißner hat nur zu Recht, wenn er in seinem Gedichte an George Sand sagt:
„Viel Kronen giebt es, dunkle, dornenvolle,
Die Gott den Kindern seiner Erde lieh;
Die schwerste doch, mit der der Herr im Grolle
Ein Weibeshaupt bekränzt, ist – das Genie!“
Auch ihre Tochter erbte dies Verhängniß. George Sand übergab dieselbe als Kind der Vorsteherin eines Instituts mit den Worten: „Lehren Sie dieselbe Alles, was man im Leben braucht, aber verschonen Sie das Mädchen mit allen Dummheiten, die man gewöhnlichen Kindern einprägt.“
Nach diesen, wahrscheinlich noch deutlicher kundgegebenen Grundsätzen wurde das Kind erzogen und trat so, viel wissend, aber ohne sicheren Halt, in das Leben. Sie heirathete den Bildhauer Clesinger und das Resultat war eine unglückliche Ehe; man sagt, der Mann sei unerträglich gewesen. Frau Clesinger wurde von demselben getrennt und bezog mit ihrem Kinde ein Hotel garni; dort lernte sie eine Dame kennen, die öfter in das Haus kam, da ein alter Verwandter von ihr in demselben wohnte. Diese alte Dame stellte der jungen Frau das Unpassende ihres Aufenthalts in einem Hause vor, wo fast nur Männer lebten, und die Tochter von George Sand faßte eine innige Freundschaft für die mahnende Rathgeberin, bezog eine eigene Wohnung und gab ihr Kind in ein nahegelegenes Institut.
Die Freundin bot Alles auf, um der einsam lebenden Frau einen Halt zu geben, und sondirte auch die Seite der Religion; man kann denken, wie die fromme Dame erschrak, als sie bemerkte, daß Frau Clesinger nie von Religion reden gehört. Nun bemühte sich die Dame auf’s Aeußerste, die junge Frau zu bekehren, und es gelang ihr, dieselbe zu dem Entschlusse zu bewegen, zum Abendmahl zu gehen. Nur bat Frau Clesinger, die Erlaubniß ihrer Mutter zu diesem Schritte einholen zu dürfen. Schon bangte die fromme Freundin, da erhielt sie einen Brief von der George Sand, der zu dem Schönsten gehört, was diese Frau geschrieben, und worin dieselbe, ihre eigenen Ansichten wahrend, ihrer Tochter völlige Freiheit ertheilte. Fände diese im Glauben ihr Glück, so wäre George Sand die Letzte, sich nicht darüber zu freuen; sie suche die Welt aufzuklären, zu belehren, sei aber weit entfernt, Jemand ein Glück zu rauben, für welches sie keinen Ersatz zu bieten vermöchte.
Frau Clesinger suchte Trost und Stütze bei der Kirche, sie lebte zufrieden und rein; da brachte man ihr eines Abends um zehn Uhr die Leiche ihres Kindes, das plötzlich im Institut gestorben war, und zwar brachte es der mit dieser Mission betraute Mann unter dem Arm wie ein Paket und übergab es der trostlosen Mutter. Man wollte das Kind, das einer Epidemie erlegen war, nicht eine Minute länger in der Erziehungsanstalt behalten. Nach der Beerdigung ihres Lieblings schrieb Frau Clesinger einen Brief an die Freundin, in welchem sie diese bat, sich nicht mehr mit ihr zu beschäftigen; sie sehe jetzt, daß es auf dieser Welt keine Gerechtigkeit gebe, und fürchte, fortan nicht mehr der Freundin würdig zu sein.
Sie hatte eben nur die Aeußerlichkeiten der Religion begriffen; das innere Wesen derselben, die Kraft einer gesunden keuschen Moral war ihr fremd geblieben, und so kam die Verzweiflung über sie.
Bei der Redaction der Gartenlaube gingen wieder ein: Ertrag einer Verloosung weiblicher Arbeiten zum Besten Freiligrath’s in Bartenstein 10 Thlr.; Sammlung des Wetterauer Boten 13 Thlr. 15 Sgr.; R. Geibelt in Pirna 1 Thlr.; von den Mitgliedern des Vereins für deutsche Sprache am evangel. Lyceum zu Preßburg 10 fl.; A. E. in U. 1 Thlr.; Dr. W. Hamm in Wien 10 Thlr.; aus Temesvar 3 fl.; Sammlung von A. Meyer in Stadthagen 25 Thlr.; Sammlung durch den Fabrikbesitzer H. Wallach in Görlitz 65 Thlr. 23 Sgr.; Gesangverein in Waldenburg 3 Thlr. 5 Sgr.; Sammlung des deutschen Arbeitervereins „Palme“ in St. Petersburg 25 Rubel Silber; von der Magdeburger Sängerschaft 90 Thlr.; Sammlung im San-Francisco-Verein in St. Francisco durch Mendheim u. Comp. 86 Thlr. 15 Sgr.; Gesangverein für gemischten Chor in Luckenwalde 20 Thlr.; Sammlung von Appellationsgerichts-Procurator Braun in Wiesbaden 56 Thlr. 12 Sgr.; Sammlung der Siebenbürgischen Blätter in Herrmannstadt 171 fl. und 2 Ducaten; Expedition der Provinzialzeitung in Geestemünde 1 Thlr.; für vier Exemplare von Freiligrath’s Glaubensbekenntniß 5 Thlr.
Inhalt: Der Habermeister. Ein Volksbild aus den bairischen Bergen. Von Herman Schmid. – Die Urbilder unserer Frauenmoden. Mit Abbildungen. – Der Panther des Südens. Von G. v. Gößnitz. – Europas natürliche Heizung. Von Prof. H. E. Richter in Dresden. – Die permanente Weltausstellung des neuen Italien. Von Franz Wallner. Mit Abbildung. – Blätter und Blüthen: Aus der Mappe eines deutschen Staatsanwalts. II. – Der böse Dawison. – Wein-, Bier- und Trinkgelage. – George Sand und ihre Kinder. – Freiligrath-Dotation.
Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist soeben erschienen:
Vorschuß- und Credit-Vereine
als Volksbanken.
Praktische Anweisung zu deren Gründung und Einrichtung.
4. Völlig umgearbeitete Auflage. Elegant broschirt Preis 1 Thlr. 6 Ngr.
Das Vergreifen der drei ersten starken Auflagen dieses Buches ging mit der Verbreitung der Vorschuß- und Creditvereine Hand in Hand – ein Zeichen, daß dasselbe dem praktischen Zwecke, dem es gewidmet, entsprochen hat. Indessen ist mit der äußeren Verbreitung auch die innere Ausbildung dieser gemeinnützigen Institute vorgeschritten, so daß eine völlige Umarbeitung des Buches erforderlich war, wenn es dem Standpunkte der heutigen Organisation entsprechen sollte. Die gegenwärtige Auflage ist daher ein vollständig umgearbeitetes, ganz neues, um vier Bogen vermehrtes Buch, welches diesmal nicht nur seines Zweckes, sondern auch des darin enthaltenen, mit Gebrauchsanweisung versehenen
wegen in den betreffenden Kreisen willkommen geheißen werden wird.
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 736. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_736.jpg&oldid=- (Version vom 5.3.2017)