Landkreis Stolp

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Landkreis Stolp, ursprünglich Kreis Stolp, war bis 1945 ein preußischer Landkreis im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Seine Kreisstadt Stolp bildete seit 1898 einen eigenen Stadtkreis. Das ehemalige Kreisgebiet liegt heute größtenteils im Powiat Słupski in der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Der Kreis Stolp im 18. Jahrhundert
Das Kreisgebiet 1905
Darstellung des Landkreises von Rudolf Hardow

Nachdem Hinterpommern 1648 an Brandenburg-Preußen gefallen war, ging aus der mittelalterlichen Landvogtei Stolp der Kreis Stolp hervor.[1] Bei der hinterpommerschen Kreisreform von 1724 blieb der Kreis unverändert.[2] Der Kreis umfasste im 18. Jahrhundert die Stadt Stolpe, die königlichen Ämter Schmolsin und Stolp sowie eine größere Anzahl von adligen Dörfern und Gütern.[3][4]

In Folge der preußischen Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 wurde der Kreis Teil des Regierungsbezirks Köslin in der Provinz Pommern. Auch bei der pommerschen Kreisreform von 1818 wurde die Abgrenzung des Kreises nicht geändert.[5][6]

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis Stolp zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Zum Kreis gehörten 1871 die Stadt Stolp, 170 Landgemeinden und 177 Gutsbezirke.[7]

Zum 10. August 1876 fanden zwecks Aufhebung mehrerer Enklaven folgende Veränderungen der Kreisgrenzen statt:

Am 1. April 1898 schied die Stadt Stolp aus dem Kreis aus und bildete seitdem einen eigenen Stadtkreis. Die Bezeichnung des Kreises Stolp änderte sich dadurch in Landkreis. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Stolp wie im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Im Frühjahr 1945 wurde das Gebiet des Landkreises Stolp von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs wurde das Kreisgebiet seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. In der Folgezeit wurde die einheimische Bevölkerung von der polnischen Administration aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Bevölkerungsentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter den Einwohnern des Kreisgebiets gab es 1867 noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt).[8]

Jahr Einwohner Quelle
1797 34.815 [9]
1816 38.107 [10]
1846 70.284 [11]
1871 91.788 [7]
1890 98.762 [12]
1900 75.310 [12]
1910 77.629 [12]
1925 84.020 [12]
1933 83.730 [12]
1939 82.287 [12]

Die Stadt Stolp wurde 1898 aus dem Kreis Stolp ausgegliedert.

(...)

Kommunalverfassung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kreis Stolp gliederte sich in die Stadt Stolp, in Landgemeinden und – bis zu deren Auflösung im Jahre 1929 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Amtsbezirke und Gemeinden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kreis war in den 1930er Jahren in 54 Amtsbezirke gegliedert.[13]

Der Landkreis Stolp umfasste zuletzt 193 Landgemeinden. 1937 fanden zahlreiche Umbenennungen statt, die in der folgenden Liste noch nicht berücksichtigt sind.[13][12]

Namensänderungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Erlass des Oberpräsidenten in Stettin vom 29. Dezember 1937 fanden im Kreis Stolp Änderungen von Ortsnamen statt. Nicht typisch deutsch klingende Ortsnamen erfuhren lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder wurden durch neue Wortschöpfungen ersetzt (mit heutigen polnischen Namen):

Gemeinden
Gemeindeteile und Wohnplätze
  • Amerika (Gemeinde Giesebitz) → Heidenhof, Ameryka
  • Boyrk (Gemeinde Schorin) → Unterberg, Zagorne
  • Buckower Mühle (Gemeinde Wendisch Buckow) → Buchmühle
  • Chims (Gemeinde Holzkathen) → Schims
  • Czapock (Gemeinde Holzkathen) → Schabbock
  • Dambee (Gemeinde Schmolsin) → Eichweide
  • Dambee (Gemeinde Wottnogge) → Eichen, Dąbie
  • Gesorke (Gemeinde Lojow) → Kleinwasser, Jeziorka
  • Groond (Gemeinde Gambin) → Grund
  • Jaggork (Gemeinde Klein Machmin) → Jagen, Gogorki
  • Kamillowe (Gemeinde Quackenburg) → Keudellshof, Komiłowo
  • Kolischen oder Stregonke (Gemeinde Selesen) → Bismarckstein
  • Koloschnitz (Gemeinde Groß Podel) → Riesenhof
  • Kutusow (Gemeinde Kose) → Priemfelde, Kotuszewo
  • Lesnie (Gemeinde Groß Dübsow) → Berghof, Leśnia
  • Mockree (Gemeinde Groß Podel) → Husarenberg, Mokre
  • Monbijou (Gemeinde Poganitz) → Bandemersruh, Będziemierki
  • Muskowski (Gemeinde Klein Gansen) → Friedrichshöhe, Muskowo
  • Niemietzkermühle → Puttkamermühle
  • Nimzewe (Gemeinde Muttrin) → Roden, Niemczewo
  • Novienne (Gemeinde Groß Runow) → Runow-Forsthof
  • Paris oder Paschnik (Gemeinde Giesebitz) → Weidenhof
  • Piaschke (Gemeinde Groß Gansen) → Paschke, Piaszki
  • Poddamp (Gemeinde Klein Machmin) → Waldhof, Gogorki
  • Saviat (Gemeinde Wottnogge) → Seeblick, Zawiaty
  • Schottofske oder Schottowske (Gemeinde Groß Nossin) → Schottow, Skotawsko
  • Forsthaus Sotocken (Gemeinde Nippoglense) → Forsthaus Krahmerwald, Zatoki
  • Swantee (Gemeinde Lessaken) → Schwansee, Święte
  • Vangerske (Gemeinde Groß Runow) → Wiesenberg, Węgierskie
  • Wocholz (Gemeinde Muttrin) → Waldesruh, Ochodza
  • Wussowske (Gemeinde Groß Nossin) → Waldliebe, Osowskie
  • Zerowe (Gemeinde Klein Gansen) → Südhof, Sierówko
  • Zerowe (Gemeinde Nippoglense) → Stolpenau, Sierowo

Als erste Eisenbahn durchzog ab 1870 die Strecke Köslin–Stolp–Danzig der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft den Kreis von West nach Ost >111.0<. Von der Kreisstadt aus führte die Preußische Ostbahn ab 1878 Linien nach Stolpmünde an der Ostsee und auch nach Zollbrück >111.r+u<.

Den äußersten Südosten des Kreises durchzog ab 1902 die Strecke Lauenburg – Bütow der Preußische Staatsbahn >111.w<, und 1911 bekam Stolpmünde eine zweite Bahnlinie nach der benachbarten Kreisstadt Schlawe >111.p<.

Der Ausbau des Kleinbahnnetzes begann 1894 im Süden des Kreises mit der Linie Stolp–Rathsdamnitz, die von der Stolpethalbahn AG angelegt, 1895 bis Muttrin und schließlich 1906 bis Budow verlängert worden war >113.t<.

Der Norden und Nordosten des Kreises wurde zunächst von der Stolper Kreisbahn mit Schmalspurbahnen (750 mm) erschlossen. Die längste Strecke führte 1897 von Stolp über Gabel–Wendischsilkow bis Dargeröse und ab 1902 bis Zezenow weiter >113.s<. In Wendischsilkow, später Schwerinshöhe genannt, zweigte ein Ast nach Schmolsin ab >113.s²+s'<. Ab 1913 kam dann eine Verbindung von Gabel nach Stolpmünde mit einer Abzweigung von Kuhnhof nach Zietzen hinzu >113.s²+s³<. Diese neuen Strecken wurden in Normalspur angelegt, die vorhandenen Trassen im Lauf der folgenden Jahre umgespurt. Ende des Jahres 1929 übernahm die Stolpethalbahn AG alle Strecken der Kreisbahn und nannte sich seitdem Stolper Kreisbahnen AG., bis sie 1940 in den neu gegründeten Pommerschen Landesbahnen aufging.

Angeblich war der hinterpommersche Landkreis Stolp der größte in ganz Preußen. Immerhin besaß er um 1939 ein Schienennetz von über 230 Kilometern Länge, das zu mehr als der Hälfte zur Stolper Kreisbahnen AG gehörte, auf die der Kreis mit über 60 % des Kapitals maßgeblichen Einfluss ausüben konnte. Nach der Eingliederung der Strecken in die Pommerschen Landesbahnen ab 1. Januar 1940 war der Kreis neben dem Land Preußen und der Provinz Pommern an dieser Körperschaft mit fast zwei Millionen RM, d. h. mit knapp 10 Prozent des Stammkapitals beteiligt.

Die Stadt Stolp eröffnete 1912 ein Netz elektrischer Straßenbahnen in Meterspur, das vier Linien umfasste.

(Die Zahlen in >< beziehen sich auf das Deutsche Kursbuch 1939).

  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 148–165 (Google Books).
  • Königliches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin: 10. Kreis Stolp. Berlin 1866, S. 1–59 (Google Books)
  • Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989 (Inhaltsangabe, Volltext online)
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Teil II, 2. Band: Beschreibung der zu dem Gerichtsbezirk der Königl. Landescollegien in Cößlin gehörigen Hinterpommerschen Kreise. Stettin 1784, S. 899–1024 (Google Books).
  • Friedrich Gottlob Leonhardi (Hrsg.): Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie, Band 3, Halle 1794, S. 887–908 (Google Books)
  • Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern. Nicolai, Berlin/Stettin 1827, S. 266–281 (Google Books).
  • Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  • Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Der Kreis Stolp in der ehemaligen Provinz Pommern (2011).
  • Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin, Band 2, Heft 1: Kreis Stolp, Saunier, Stettin 1894 (Google Books).
Commons: Landkreis Stolp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Büschings Große Erdbeschreibung. Band 20. Traßler, Brünn 1787 (Digitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Behördenorganisation und allgemeine Staatsverwaltung. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 4. Paul Parey, Berlin 1908, Neueintheilung und Verminderung der hinterpommerschen Kreise 1723/24, S. 171 (Digitalisat).
  3. Johann Ernst Fabri: Geographie für alle Stände. Schwickertscher Verlag, Leipzig 1793, Kap. Preußisch Vorpommern, S. 590 (Digitalisat).
  4. Fritz Curschmann, Ernst Rubow: Pommersche Kreiskarte Blatt 2. Die pommerschen Kreise vor und nach 1818. In: Landesgeschichtliche Forschungsstelle der Provinz Pommern (Hrsg.): Historischer Atlas von Pommern. 1935 (Digitalisat).
  5. Berthold Schulze: Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809–1818, Seite 94. mit Unterstützung der Historischen Kommission für die Provinz Pommern. In: Einzelschriften der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg. Gsellius, Berlin 1931 (Digitalisat).
  6. R. v. Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern. Nicolai, Berlin/Stettin 1827, S. 251–266, S. 251–266.
  7. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung 1871
  8. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4.
  9. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 44 (Digitalisat).
  10. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Cöslin, S. 233 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  11. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 316 (Digitalisat).
  12. a b c d e f g Michael Rademacher: Kreis Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. a b Informationssystem Pommern: Kreis Stolp