Übersetzung (Linguistik)

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Unter Übersetzung versteht man in der Sprachwissenschaft einerseits die Übertragung eines (meist schriftlich) fixierten Textes von einer Ausgangssprache in eine Zielsprache; anderseits versteht man darunter das Ergebnis dieses Vorgangs.

Zur besseren Unterscheidung wird das Produkt eines Übersetzungs- oder Dolmetschvorgangs (einer Translation) auch als Translat bezeichnet.

Die Übersetzung fällt gemeinsam mit dem Dolmetschen unter den Begriff Sprach- und Kulturmittlung (Translation). Der maßgebliche Unterschied zwischen Übersetzen und Dolmetschen liegt in der wiederholten Korrigierbarkeit des Translats. Wiederholte Korrigierbarkeit erfordert in aller Regel einen Zieltext, der in Schriftform oder auf einem Klangträger fixiert ist und somit wiederholt korrigiert werden kann, sowie einen in ähnlicher Weise fixierten Ausgangstext, den man wiederholt konsultieren kann. Liegt diese wiederholte Korrigierbarkeit vor, spricht man von einer Übersetzung. Ist jedoch der Ausgangstext oder der Zieltext nicht fixiert, weil er nur einmalig mündlich dargeboten wird, spricht man vom Dolmetschen. Veranschaulichen lässt sich das Prinzip anhand des Vom-Blatt-Dolmetschens: Hier liegt zwar der Ausgangstext schriftlich vor, aber der Zieltext ist nicht oder nur sehr eingeschränkt korrigierbar, da er nur gesprochen wird.

In der Sprachdidaktik wird häufig der Begriff Mediation verwendet. Im Unterschied zur Translation hebt der Begriff Mediation hervor, dass sich der Übersetzer oder Dolmetscher als Mediator in einer Vermittlungsposition zwischen zwei Personen befindet, die keine gemeinsame Sprache sprechen.

Geschichte

Stein von Rosette

Die Grundlage für die Entwicklung des Übersetzens bilden die Entstehung der Sprache vor etwa 100.000 Jahren und die Entstehung der Schrift vor etwa 5000 Jahren. Berühmte Übersetzungen sowie Orte und Zeiten besonderer übersetzerischer Aktivität können als Orientierungspunkte im Verlauf der Geschichte dienen. Zum Übersetzen in den Kulturen außerhalb Europas und des Mittelmeerraums ist bisher recht wenig bekannt. Die Geschichte des Dolmetschens, das mit großer Sicherheit älter ist als die Schrift und auch in Kulturen ohne Schrifttradition den kulturellen Austausch förderte, ist noch wenig erforscht.

247 v. Chr. entstand die Septuaginta, eine erste Übersetzung der jüdischen Bibel aus dem Hebräischen ins Griechische, die der Legende nach von 72 Übersetzern in 72 Tagen angefertigt wurde. Auf etwa 196 v. Chr. wird der Stein von Rosette datiert, dessen Inschrift, ein priesterliches Dekret, in zwei Sprachen und drei Schriften ausgeführt ist: Ägyptisch in demotischer und in Hieroglyphen-Schrift sowie auf Griechisch. Dieses mehrsprachige Dokument half, die Hieroglyphen zu entschlüsseln.

Übersetzungen haben häufig eine zentrale Rolle beim Transfer von Wissen und Kulturtechniken zwischen verschiedenen Völkern gespielt. Dabei kam es zu bestimmten Zeiten zu Häufungen von Übersetzungen zwischen bestimmten Sprachen. Solche Konzentrationen können zum Teil dazu dienen, historische Wissensströme zu verfolgen. Ein Zentrum der Übersetzungstätigkeit war das antike Rom, wo vor allem griechische Literatur ins Lateinische übertragen wurde. Aus dieser Zeit sind theoretische Schriften über Literatur und Redekunst überliefert, die sich mit der noch Jahrhunderte später aktuellen Debatte über „wortgetreues“ oder „freies“ Übersetzen beschäftigen.

Eine prominente Figur in der Übersetzungsgeschichte ist Hieronymus (ca. 331–420 n. Chr.), der später heiliggesprochen wurde und als Schutzheiliger der Übersetzer gilt (Internationaler Tag des Übersetzens). Hieronymus wurde von Papst Damasus I. beauftragt, ausgehend von anerkannten griechischen Texten eine Übersetzung der Bibel ins Lateinische anzufertigen. Später übersetzte er das Alte Testament nochmals neu aus dem Hebräischen. Die von ihm erstellte lateinische Bibel, die Vulgata, war lange Zeit der maßgebliche Text für die römisch-katholische Kirche.

Im 9. und 10. Jahrhundert entstand in Bagdad ein weiterer Brennpunkt der Übersetzungstätigkeit. Vorrangig wurden wissenschaftliche Werke aus dem Griechischen ins Arabische übersetzt, etwa im Haus der Weisheit. Diese Übersetzungen sollten für die Entwicklung der Wissenschaft im mittelalterlichen Europa eine wichtige Rolle spielen, denn sie bildeten die Grundlage für ein weiteres Übersetzungszentrum, die „Schule von Toledo“. Hier wurden im 12. und 13. Jahrhundert Texte arabischen, sowie griechischen Ursprungs aus der arabischen in die lateinische und später in die spanische Sprache übersetzt.

Die Zeit der Renaissance, die im 14. Jahrhundert in Italien begann, markiert mit ihrem erneuten, verstärkten Interesse an den Texten der Antike einen Aufschwung des Übersetzens, der mit der verstärkten schriftlichen Wissensverbreitung durch die Weiterentwicklung des Buchdrucks bis in die Reformationszeit anhielt. Viele der Reformatoren waren Bibelübersetzer und der bekannteste im deutschsprachigen Raum ist Martin Luther. Luther vertrat die Auffassung, dass der Inhalt der Bibel so mit den Mitteln der deutschen Zielsprache ausgedrückt werden sollte, dass er für jeden verständlich wäre: in „natürlichem“, nicht an die grammatischen Strukturen der Ausgangssprachen gebundenen Deutsch. In seinem „Sendbrief vom Dolmetschen“ erklärt er seine Übersetzungsauffassung. Die lutherische Bibelübersetzung war für die Entwicklung und vor allem für die Standardisierung der deutschen Sprache von großer Bedeutung.

Eine weitere zentrale Epoche für die Übersetzung im deutschsprachigen Raum, deren Vertreter aber auch europaweit Bedeutung erlangten, ist die Romantik. Es spielten vor allem literarische Übersetzungen aus anderen europäischen Sprachen ins Deutsche eine Rolle, etwa die noch gelesene Schlegel-Tiecksche Shakespeare-Übersetzung. (Siehe Literarische Übersetzung) Zur Zeit der Romantik beschäftigten sich viele Intellektuelle auch theoretisch mit dem Übersetzen, so etwa Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schleiermacher oder Wilhelm von Humboldt.

Im 20. Jahrhundert sind neben einem explosionsartigen Wachstum vor allem der Fachübersetzung durch den Ausbau der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen auch eine zunehmende wissenschaftliche Theoriebildung, die Gründung von Ausbildungsstätten für Übersetzer und Dolmetscher sowie ihre Organisation in Berufsverbänden mit dem Ziel der Professionalisierung zu beobachten. Die Translatologie (Übersetzungswissenschaft) als Interdisziplin ist noch relativ jung.

Ältere übersetzungswissenschaftliche Ansätze neigen zum Teil zu der Auffassung, der Übersetzer solle möglichst alle Aspekte eines Ausgangstextes (wie Metaphern und Vergleiche, Hervorhebungsmuster und thematische Progression, Satzmuster, sprachliche Varietäten als Dialekt oder Soziolekt) gleichermaßen berücksichtigen. Die neueren Ansätze der Übersetzungswissenschaft fordern dagegen, dass die unterschiedlichen Aspekte des Ausgangstextes mit unterschiedlichen Prioritäten versehen werden müssen, damit die Übersetzung genau die vorher zu definierenden Anforderungen des Zieltextlesers erfüllt. Diese Anforderungen werden vor allem anhand von „textexternen Faktoren“ wie Ort und Zeit, Intention des Senders und Erwartung des Empfängers, Konventionen für bestimmte Textsorten in der Zielkultur bestimmt.

Problematik

Doppelte Bindung

Das Kernproblem bei der Übersetzung war und ist das Problem der „doppelten Bindung“ des Übersetzers. Der Zieltext soll gleichzeitig eine erkennbare Rückbindung an den ausgangssprachlichen Text besitzen und die Anforderungen des Lesers des zielsprachlichen Textes erfüllen. In dieser doppelten Bindung liegt der Ursprung der Begriffe der rückwärts oder vorwärts (ausgangs- und zielsprachlich und -kulturell) orientierten Übersetzung. Entweder sollen dem Leser der Übersetzung die charakteristischen Eigenschaften der Ausgangskultur und -sprache nahegebracht werden, oder er soll mit einem in der Zielkultur und -sprache unauffälligen und seinen Zweck gut erfüllenden Text versorgt werden.

In der literarischen Übersetzung kann sich beispielsweise eine grammatische Struktur der Ausgangssprache als sehr charakteristisch für den Stil des Ausgangstextes herausstellen, durch eine wörtliche Übertragung würde im Zieltext jedoch ein auffällig vom gewohnten Sprachgebrauch abweichender Stil entstehen, der den Leser irritiert.

Subjektivität

Beim Übersetzungsvorgang sind stets subjektive Faktoren beteiligt:

  • bei der Entscheidung des Übersetzers zwischen Zieltextvarianten
  • durch Gebundenheit des Übersetzers an kulturelle und soziale Hintergründe
  • durch Rezeption und Interpretation des Ausgangstextes
  • durch unterschiedliche methodisch-technische Vorentscheidungen für den Analyse- und Beurteilungsprozess
  • durch die Meinung des Übersetzers (über Funktion, Zweck und Strategie der Übersetzung)

Philosophische Implikationen

Die Übersetzung ist Thema der Hermeneutik, der Sprachphilosophie und der Erkenntnistheorie.

Die Hermeneutik thematisiert das Phänomen der Übersetzung als Erfahrung von Distanz und Andersartigkeit (Alterität). Der für die Hermeneutik so wichtige Umgang mit Überlieferung und Tradition schließt oft die Notwendigkeit der Übersetzung ein. Dabei haben verschiedene Philosophen darauf aufmerksam gemacht, dass der Übersetzer stets in seinem eigenen Horizont steht, in den er das Produkt seiner übersetzerischen Bemühungen einordnen muss. Ein bloßes Übertragen des Textinhaltes von der Quell- in die Zielsprache ist nicht möglich. Der Übersetzer muss sich entscheiden, ob er den notwendigerweise fremdartigen Text an die eigene Sprache angleicht und dessen Fremdartigkeit so zu verdecken versucht, oder ob er diese Fremdartigkeit gerade mit den Mitteln der eigenen Sprache nachbilden möchte. Beide Verfahren sind legitim, eine Entscheidung, welche Version „näher“ am Original ist, lässt sich nicht allein durch Verweis auf die Textgrundlage fällen.

Zur Frage der grundsätzlichen Übersetzbarkeit, also der Möglichkeit einer „Inhaltsübertragung“, vertritt etwa Quine die These von der Unbestimmtheit der Übersetzung,[1] die besagt, dass zwischen mehreren möglichen Übersetzungsvarianten keine objektive Rangfolge festgelegt werden kann und dass Sprache im Allgemeinen stets nur im Kontext der Erfahrung interpretierbar ist.

Sowohl in der Translatologie als auch in der Übersetzungspraxis wird von einer grundsätzlichen Übersetzbarkeit zwischen natürlichen Sprachen ausgegangen, die sich zumindest auf den propositionalen Gehalt einer Äußerung, wenn auch möglicherweise nicht auf jede konnotative Bedeutung erstreckt.

„[Es] zeigt sich, dass in natürlichen menschlichen Sprachen im Prinzip alles ausgedrückt werden kann. Wenn es für bestimmte Begriffe oder Konzepte keine eigenen Lexeme gibt, so können sie auf andere Weise ausgedrückt werden, durch morphologische Strukturen oder Umschreibung, Paraphrase bzw. Rückgriff auf andere Konzepte.“[2]

In der Sprachphilosophie ist das Problem der Übersetzung aufgrund der These von Interesse, dass sich das Wesen von Sprache, Bedeutung und Sinn gerade beim Übergang von einer Sprache in eine andere ergründen lässt.

Kulturelle Übersetzung

Der Begriff der kulturellen Übersetzung basiert auf Walter Benjamins Aufsatz „Die Aufgabe des Übersetzers“. In der postkolonialen Lektüre dieses Textes hat Homi K. Bhabha die Übersetzung als „staging of cultural difference“ definiert.[3] Gayatri Chakravorty Spivak hat aus einer ähnlichen Perspektive die Theorie und Praxis der Übersetzung als Form politischer Verantwortung gelesen.[4] Federico Italiano und Michael Rössner haben ausgehend von einer postkolonialen Perspektive die kulturelle Übersetzung als performative Aushandlung von kulturellen Differenzen in einem Prozess der De- und Rekontextualisierung beschrieben.[5]

Im deutschsprachigen Raum hat Doris Bachmann-Medick durch ihr Buch zu den Cultural Turns unter anderem den Akzent auf die Kultur als Übersetzung und Übersetzung als soziale und kulturelle Praxis gelegt. Dabei wertet der von ihr geprägte Begriff translational turn „Grenzbereiche und Zwischenräume als typische Übersetzungsräume“ auf.[6]

Literarische Übersetzung

Die literarische Übersetzung ist die wahrscheinlich bekannteste und in der Öffentlichkeit meistdiskutierte Erscheinungsform des Übersetzens, macht jedoch nur einen geringen Anteil des Übersetzungsmarktes aus. Im Vergleich zu Übersetzern von Gebrauchstexten erzielen literarische Übersetzer ein deutlich geringeres Einkommen, weshalb die Entscheidung für diesen Beruf wohl in den meisten Fällen in der persönlichen Begeisterung für Literatur oder für eine bestimmte Sprache und Kultur begründet ist.

Literarische Übersetzungen spielten und spielen eine bedeutende Rolle für den interkulturellen Austausch, das Bild anderer Kulturen in einer bestimmten Sprachgemeinschaft und die Entwicklung nationaler Kultur und Identität. Ein bekanntes Beispiel für die Bedeutung der Auseinandersetzung mit fremden Literaturen ist die Epoche der deutschen Romantik, in der, beispielsweise durch August Wilhelm Schlegel, Dorothea und Ludwig Tieck noch viel genutzte Übersetzungen von Werken europäischer Schriftsteller wie Shakespeare oder Cervantes entstanden.

Siehe auch Kategorie:Übersetzung (Literatur), ReLÜ

Filmsynchronisation und Untertitelung

Einen Sonderfall als im weiteren Sinne literarische Übersetzung stellt die Synchronisation von Kino- und Fernsehfilmen dar. Die grundsätzlichen Probleme treffen hier auf weitere Einschränkungen, wie dies zeitliche und rhythmische Limitierung des Textes, Notwendigkeit des Einklangs von Subtexten mit dem Spiel der Akteure sind. Allerdings auch auf die Möglichkeit der nonverbalen Inhaltsvermittlung durch die stimmschauspielerische Nachempfindung des Originals. Somit kann eine werkgetreue Übersetzung mit den Mitteln der Synchronisation nur als Teamleistung von Textübersetzer, Dialogautor, Synchronregie und Sprecher stattfinden.

In den meisten Ländern werden fremdsprachige Filme untertitelt, was das Problemfeld vor allem auf die zeitliche Ebene verlagert. Das Zeitfenster ist insbesondere bei dialogreichen Werken meist zu knapp, um neben der reinen Informationsebene noch Subtexte, Wortspiele oder dergleichen berücksichtigen zu können.

Technische Übersetzung

In der Technischen Kommunikation wird eher von Übersetzungstechnikern gesprochen, weil jegliche künstlerische Note unangebracht ist.[7] Dabei tragen technische Übersetzer eine hohe Verantwortung für den übersetzten Text, deren Bedeutung und Interpretation. Eine Fehlinterpretation eines Lesers von technischen Dokumentationen, wie Gebrauchsanleitungen von Maschinen oder auch Packungsbeilagen für Medikamente kann sich unmittelbar auf Menschenleben oder Umwelt auswirken und zu Schäden führen. Ausschlaggebend ist der Ausgangstext, der möglichst unmissverständlich formuliert sein sollte. Trotzdem werden oft kreative und komplexe Satzstrukturen gebildet. Diese erschweren die Arbeit der Übersetzungstechniker unnötig und erhöhen gleichzeitig das Risiko von Fehlübersetzungen.[8]

Computerunterstützte und maschinelle Übersetzung

Die „Maschinelle Übersetzung“ ist der Versuch, mittels eines Computerprogrammes Übersetzungen automatisch durchzuführen. Die Textqualität von computererzeugten Übersetzungen reicht bisher an Humanübersetzungen nicht heran. Lediglich formal stark eingeschränkte Texte lassen sich mit hoher Qualität maschinell übersetzen. Zum Beispiel ist in Kanada ein System zur Übersetzung von Texten mit Wetterdaten im Einsatz. Als Zwischenlösung verstehen sich HAMT-Systeme (Human Aided Machine Translation, maschinelle Übersetzung mit menschlicher Unterstützung), bei denen einem menschlichen Bediener die Möglichkeit gegeben wird, während des Übersetzungsvorgangs auftretende Probleme zu klären.

Auch für menschliche Übersetzer sind es wertvolle technische Hilfsmittel. Zu den am häufigsten eingesetzten Werkzeugen gehören Terminologiedatenbanken sowie Übersetzungsspeicher, die beim Auftreten von schon einmal übersetzten Formulierungen automatisch die gespeicherte Übersetzung zur Übernahme vorschlagen. Suchmaschinen für das World Wide Web haben zur Verbesserung der Übersetzungsqualität beigetragen, da ein Übersetzer mit ihrer Hilfe schneller überprüfen kann, ob eine Formulierung in der Zielsprache möglich oder in der jeweiligen Textsorte üblich ist. Auch die Informationsrecherche wird durch das Internet wesentlich erleichtert.

Urheberrecht

Das in Deutschland geltende Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) weist in § 3 Übersetzungen als persönliche geistige Schöpfungen und somit als geschützte Werke aus „Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt.“[9]

Qualitätsnormen für den Übersetzungsprozess

Wie auf alle anderen Produktionsprozesse und Dienstleistungen können auf Übersetzungsprozesse Normen angewendet werden, die der Sicherung eines festgelegten Qualitätsniveaus dienen sollen. Das bekannteste Beispiel hierfür sind die Qualitätsmanagementnormen der ISO 9000-Normenreihe. Diese Normenreihe definiert allgemein einsetzbare Elemente für nachvollziehbare Qualitätssicherungsprozesse. Seit einiger Zeit existieren jedoch spezifische Normen für die Übersetzungsbranche.

DIN 2345: „Übersetzungsaufträge“

EN 15038 Übersetzungsdienstleistungen

Vorlage:Infobox DIN

Am 1. August 2006 trat die EN 15038 „Übersetzungsdienstleistungen“ in Kraft, die ebenfalls als DIN-Norm DIN EN 15038 vorliegt, womit eine Registrierung oder Zertifizierung nach DIN 2345 nicht mehr möglich ist. Auftraggeber und Übersetzer können aber als freie Vertragspartner weiterhin auf diesen Text verweisen. Im Gegensatz zur DIN 2345 konzentriert sich die neue Norm stärker auf das Projektmanagement im Übersetzungsprozess und weniger auf die Übersetzung (Kernprozess) selbst. Dadurch sowie durch einen höheren Anteil an „Muss“-Bestimmungen ist die Norm für Einzelübersetzer schwerer einzuhalten als für Übersetzungsbüros. Hinter Festlegungen der DIN 2345 wie zu Mitwirkungspflichten des Kunden und zur erlaubten Verwendung der Übersetzung fällt die EN 15038 zum Teil zurück.[10]

Gemäß EN 15038 erstrecken sich die Anforderungen an den Übersetzungsdienstleister auf folgende Bereiche:

  • der Zweck und Einsatzbereich der Übersetzung
  • die Dokumentation
  • die personellen und technischen Ressourcen
  • das Qualitäts- und Projektmanagement
  • die vertraglichen Rahmenbedingungen
  • die Arbeitsprozesse
  • eventuell angebotene zusätzliche Dienstleistungen

Übersetzungsdienstleister können sich von verschiedenen akkreditierten Zertifizierungsdienstleistern hinsichtlich der EN 15038 zertifizieren lassen. Daneben gibt es speziell in Deutschland noch eine von DIN CERTCO geführte Datenbank in der Unternehmen gegen eine geringe Gebühr gelistet werden, die eine Konformitätserklärung zur Einhaltung der Prozesse der EN 15038 abgegeben haben. Diese erhalten dann einen Registrierungsbescheid und dürfen mit dem Logo von DIN CERTCO werben. Allerdings erfolgt im Gegensatz zu einer Zertifizierung keine Prüfung durch DIN CERTCO. Das Angebot der Registrierung wird von vielen Unternehmen in der Branche und den Branchenverbänden kritisch gesehen, da leicht die Registrierung mit einer Zertifizierung verwechselt werden kann.

Ein wichtiger Vorteil der neuen Norm ist es, dass sie in 29 Ländern vorliegt und kann damit die internationale Zusammenarbeit erleichtern. Die aktuelle Diskussion zeigt, dass die Norm nicht unumstritten ist.[11] Im Abschnitt „Vereinbarung zwischen dem Kunden und dem Übersetzungsdienstleister“ definiert die EN 15038 die Dienstleistungsspezifikation.

ISO 17100 Übersetzungsdienstleistungen

Seit 2011 wird international an einer Nachfolgenorm der EN 15038 gearbeitet. Die ISO 17100 basiert in wesentlichen Inhalten auf der EN 15038 und liegt seit 2013 als Normentwurf vor.

Siehe auch

Literatur

  • Jörn Albrecht: Linguistik und Übersetzung. Tübingen 1973. ISBN 3-484-50063-8.
  • Friedmar Apel, Annette Kopetzki: Literarische Übersetzung. J. B. Metzler, Stuttgart. ISBN 3-476-12206-9.
  • Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. 3., neu bearb. Auflage, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2009. ISBN 3-499-55675-8.
  • Homi K. Bhabha: The Location of Culture. 2. Auflage, Routledge, London 2004.
  • Larisa Cercel (Hrsg.): Übersetzung und Hermeneutik / Traduction et herméneutique (= Zeta Series in Translation Studies 1). Zeta Books, Bukarest 2009, ISBN 978-973-1997-06-3.
  • Umberto Eco: Quasi dasselbe mit anderen Worten: Über das Übersetzen, Hanser, München 2006, ISBN 3-446-20775-9.
  • Federico Italiano, Michael Rössner (Hrsg.): Translatio/n. Narration, Media and the Staging of Differences. transcript-Verlag, Bielefeld 2012. ISBN 978-3-8376-2114-3.
  • Esther Kinsky: Fremdsprechen. Gedanken zum Übersetzen. Matthes & Seitz, Berlin 2013, ISBN 978-3-88221-038-5.
  • Werner Koller: Einführung in die Übersetzungswissenschaft. Quelle und Meyer, Heidelberg/Wiesbaden 1992.
  • Judith Macheiner: Übersetzen. Ein Vademecum. ISBN 3-492-23846-7.
  • Christiane Nord: Textanalyse und Übersetzen: Theoretische Grundlagen, Methode und didaktische Anwendung einer übersetzungsrelevanten Textanalyse. Groos, Heidelberg 1995.
  • Angelika Ottmann (Hrsg.): Best Practices – Übersetzen und Dolmetschen. Ein Nachschlagewerk aus der Praxis für Sprachmittler und Auftraggeber. BDÜ-Fachverlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-938430-85-9.
  • Mary Snell-Hornby, Jürgen F. Schopp: Übersetzung. In: Europäische Geschichte Online. Hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2012. Zugriff am: 17. Dezember 2012.
  • Mary Snell-Hornby (Hrsg.): Übersetzungswissenschaft – Eine Neuorientierung. Zur Integrierung von Theorie und Praxis. Francke, Tübingen/Basel 1994.
  • Mary Snell-Hornby et al.: Handbuch Translation. Stauffenburg, Tübingen 1999, ISBN 3-86057-992-4.
  • Jürgen Stähle: Vom Übersetzen zum Simultandolmetschen. Handwerk und Kunst des zweitältesten Gewerbes. Franz Steiner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09360-6.
  • translate/eipcpBorders (Hrsg.): Nations, Translations. Übersetzung in einer globalisierten Welt. Turia + Kant, Wien 2009. ISBN 978-3-85132-545-4.
  • Lawrence Venuti (Hrsg.): The Translation Studies Reader. 2. Auflage, Routledge, London 2004.

Einzelnachweise

  1. Quine, Willard Van Orman: Translation and Meaning, § 16. Zitiert nach Wunderlich: Arbeitsbuch Semantik. 2. Aufl. 1991, S. 19.
  2. Dürr, Schlobinski: Deskriptive Linguistik. 2006, S. 174.
  3. Bhabha: The Location of Culture. 2004, S. 325.
  4. Spivak: The Politics of Translation. In Venuti: The Translation Studies Reader. 2004, S. 369–388.
  5. Italiano Rössner: Translatio/n. Narration, Media and the Staging of Differences. 2012
  6. Bachmann-Medick: Cultural Turns. 2009, S. 253
  7. Wolfgang Sturz: Vom Sammler zum Vordenker. In: technischen kommunikation, Ausgabe 05/13
  8. Mark Twain: Die schreckliche deutsche Sprache
  9. Quelle: gesetze-im-internet.de: urhg
  10. Manuel Cebulla: Die DIN EN 15038 aus juristischer Sicht: Wie weit ist es zum Branchenstandard? In: MDÜ: Fachzeitschrift für Dolmetscher und Übersetzer. 53. Jg., Nr. 1, 2007, ISSN 1618-5595, S. 18–22.
  11. Valerij Tomarenko: DIN EN 15038 und das Vier-Augen-Prinzip Unsachgemäße Diskussion. In: MDÜ: Fachzeitschrift für Dolmetscher und Übersetzer. 58. Jg., Nr. 3, 2012, ISSN 1618-5595, S. 38–41.