Singular Plural
Nominativ die Unperson die Unpersonen
Genitiv der Unperson der Unpersonen
Dativ der Unperson den Unpersonen
Akkusativ die Unperson die Unpersonen

Alternative Schreibweisen:

selten: Un-Person

Worttrennung:

Un·per·son, Plural: Un·per·so·nen

Aussprache:

IPA: [ˈʊnpɛʁˌzoːn]
Hörbeispiele:   Unperson (Info)

Bedeutungen:

[1] Jargon: (ehemals öffentlich bekannte und großen Einfluss besitzende) Person in Politik und öffentlichem Leben (vor allem in totalitären Staaten), deren Existenz (in der Geschichtsschreibung, in Parteien, in den Massenmedien oder dergleichen) bewusst ignoriert wird (und so aus dem kollektiven Bewusstsein getilgt wird)
[2] allgemeiner: Person, die in ihrer Individualität, Persönlichkeit, menschlicher Würde beziehungsweise deren Leistung gesellschaftlich nicht geachtet, gewürdigt beziehungsweise wahrgenommen wird; von der Gesellschaft geächtete, ausgeschlossene oder ignorierte Person, mit der man nicht (mehr) umgehen, sich nicht (mehr) befassen möchte

Herkunft:

George Orwell prägt in seinem 1949 veröffentlichten Roman »1984« das englische Wort unperson → en.[1][2] (In dem Roman wird beschrieben, wie der Staat systematisch jegliche Hinweise auf die Existenz der von ihm zur „Unperson“ erklärten Personen vernichtet.) Mit der ersten Übersetzung des Romans 1950 von Kurt Wagenseil gelangt das Wort und seine Bedeutung als Lehnübersetzung ins Deutsche und ist in diesem Sinne seit 1974[3] in Wörterbüchern lexikalisiert.[1] Die zweite Bedeutung ist eine Erweiterung der ersten.[1]

Sinnverwandte Wörter:

[1] Persona ingrata, Persona non grata

Beispiele:

[1] „Withers jedoch war bereits eine Unperson. Er war nicht vorhanden: er war nie vorhanden gewesen.“[4]
[1] „Niemand nennt seinen Namen. Er steht in keiner Zeitung, er fehlt in Rundfunk und Fernsehen. Kein Minister, kein Funktionär spricht ihn öffentlich aus. Seine Bilder verschwanden aus den Amtsstuben, seine Werke aus den Buchläden. Ein Jahr nach seinem Sturz ist Nikita Chruschtschow für 230 Millionen Sowjetbürger zur geschichtlichen Unperson geworden.“[5]
[1] „Vor drei Jahren erst war Mao offiziell zur Unperson geworden, seine Bilder verschwanden, die Parteipresse erwähnte seinen Namen nicht mehr, verurteilte aber die ‚Große Proletarische Kulturrevolution‘ – die, wie jedermann wußte, Mao konzipiert, eingeleitet und gelenkt hatte.“[6]
[1] „Inzwischen ist der erste Mann der Sowjetunion, der Breschnew von 1964 bis 1982 war, nahezu zur Unperson degradiert worden.“[7]
[1] „In wenigen Strichen zeichnet er die Geschichte der reichen Familie und schildert, wie der kaum verschlüsselte ‚Buddenbrook‘-Roman bei seinem Erscheinen im Jahr 1900 das Lübecker Bürgertum zutiefst erzürnte und seinen Autor auf Jahrzehnte hinaus zur Unperson degradierte.“[8]
[1] „Zentrale politische Figur des Prager Frühlings war Alexander Dubcek, der sich und das Land in Moskau den Erpressungen der Sowjetunion unterwarf und danach zur Unperson wurde, ausradiert, rausgeschnitten selbst aus Photos.“[9]
[1] „Jesselyn Radack war Anwältin im amerikanischen Justizministerium und dort verantwortlich für die Einhaltung ethischer Standards. Bis sie 2001 zur Unperson wurde, verfolgt und bedroht von der eigenen Regierung.“[10]
[1] „Aber dann spielte sich vor ihren Augen im Keller des Museums eine bedrohliche Szene ab. Eine symbolische Hinrichtung der Kaiserin. Mitglieder des Revolutionskomitees schnitten ihrem Porträt von Andy Warhol den Hals ab, der Rest der Leinwand wurde zerstückelt und anschließend verbrannt. Bis heute gilt Farah Diba im Iran offiziell als Unperson.[11]
[2] „Es sind die Söhne und Töchter der Mafia. Sie stecken in einer Konfliktsituation. Sie leben mit dem Gefühl, Unpersonen zu sein. Ihre Väter, die sich als Kriminelle noch als Ehrenmänner verstanden und nach eigenem kulturellen Kodex lebten, aufgehoben in der Ehrenwerten Gesellschaft, die für sie nicht in Anführungszeichen stand, sie sitzen heute langjährige Haftstrafen ab oder sind umgebracht worden.“[12]
[2] „Immer weniger Ellwanger wollen noch etwas mit der Familie zu tun haben, ihr geliebtes Kindermädchen Fanny wird angepöbelt und quittiert irgendwann den Dienst. Der jüngere Max ist völlig verstört, seit er in der Volksschule als ‚Judensau‘ beschimpft wurde. Und die Mutter Melanie, die wegen ihrer Schönheit gerade noch von den Männern angehimmelt wurde, wird zur Unperson, ihre beste Freundin bittet sie, in der Öffentlichkeit sie nicht mehr zu grüßen.“[13]
[2] „Damals habe sich der spätere Innenminister Otto Schily zur ‚Unperson‘ gemacht, weil er die Terroristen der RAF verteidigte, schreibt der Autor.“[14]
[2] „Immerhin, selbst für die Union ist Snowden mittlerweile keine Unperson mehr: Galt er CDU und CSU im Sommer noch als Störfaktor im deutsch-amerikanischen Verhältnis, ist er für die Konservativen nun von Interesse.“[15]
[2] «Noch im letzten Jahrhundert wurde Frauen, die Missbrauch meldeten, meist nicht geglaubt. Sie wurden für die Verbrechen, die an ihnen begangen wurden, selbst verantwortlich gemacht. Sie galten als gefallene Mädchen, als Unpersonen, die man gesellschaftlich isolierte.»[16]
[2] „Er war zu einem Gespenst geworden, hatte sich verflüchtigt zur Unperson.[17]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1, 2] jemanden zur Unperson degradieren, erklären, machen, stempeln

Übersetzungen

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[1] Wikipedia-Artikel „Unperson
[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Unperson
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Unperson
[1] Duden online „Unperson
[1] Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Unperson“ auf wissen.de
[*] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Unperson
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalUnperson
[1, 2] Broder Carstensen, Ulrich Busse; unter Mitarbeit von Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 3: P - Z, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-014296-1, DNB 946100519, Stichwort »Unperson, Un-Person«, Seite 1628–1629.
[1] Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 10 Bände auf CD-ROM ; mehr als 200 000 Stichwörter mit rund 90 000 Belegen aus mehreren Hundert Quellen ; vielfältige Recherchemöglichkeiten ; für MS Windows und Apple Macintosh. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2000, ISBN 978-3-411-71001-0, Stichwort »Unperson«.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 9. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-05509-8, Stichwort »Unperson«, Seite 1881.

Quellen:

  1. 1,0 1,1 1,2 Broder Carstensen, Ulrich Busse; unter Mitarbeit von Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 3: P - Z, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-014296-1, DNB 946100519, Stichwort »Unperson, Un-Person«, Seite 1628.
  2. Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 9. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-05509-8, Stichwort »Unperson«, Seite 1881.
  3. Siehe Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Fremdwörterbuch. In: Der große Duden. In 10 Bänden. 3. Auflage. Band 5, Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1974, ISBN 3-411-00915-2, DNB 770064027.
  4. George Orwell: Neunzehnhundertvierundachtzig. Roman. 1. Auflage. Diana-Verlag, Rastatt/Stuttgart 1950 (Originaltitel: Nineteen Eighty-Four, übersetzt von Kurt Wagenseil), Seite 55.
  5. Der liebe Staat. In: DER SPIEGEL. Nummer 44, 27. Oktober 1965, ISSN 0038-7452, Seite 134 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  6. „Sie werden sich in dem Wind erkälten“. In: DER SPIEGEL. Nummer 19, 10. Mai 1982, ISSN 0038-7452, Seite 150 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  7. Willy Brandt: Erinnerungen. Verlag Propyläen, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-549-07353-4, Seite 197 (Zitiert nach Google Books).
  8. Franz Lerchenmüller: Wie Besucher beim Dinieren in Lübeck die „Buddenbrooks“ erleben. In: DIE ZEIT. Nummer 44, 24. Oktober 1997, ISSN 0044-2070, Seite 67 (DIE ZEIT Archiv-URL).
  9. Wenigstens filmen. Ein Abend über den Prager Frühling und Sommer 1968. In: Süddeutsche Zeitung. Nummer 185, 13. August 1998, ISSN 0174-4917, Seite 15.
  10. Patrick Beuth, Kai Biermann: „Die USA haben ohne Not auf die dunkle Seite gewechselt“. In: Zeit Online. 28. Dezember 2012, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 24. November 2013).
  11. Werner Bloch: Die tollen Tage von Teheran. In: Die Welt. 16. Februar 2017, ISSN 0173-8437, Seite 8.
  12. Wolfgang David: Allein ohne die Mafia. In: Zeit Online. Nummer 06, 3. Februar 2000, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 7. September 2021)..
  13. Grausame Idylle. In: Süddeutsche Zeitung. 27. September 2004, ISSN 0174-4917, Seite 10.
  14. Mirjam Schmitt: Zwischenbilanz: Indizien, Anja Sturm und RAF – das Medienlog vom Montag, 5. August. In: Zeit Online. 5. August 2013, ISSN 0044-2070 (Das NSU-Prozess-Blog, URL, abgerufen am 24. November 2013).
  15. Tilman Steffen: Snowden paralysiert die Politik. In: Zeit Online. 6. November 2013, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 24. November 2013).
  16. Barbara Kaufmann: Das Ende der Heuchelei. In: NZZOnline. 6. Januar 2016, ISSN 0376-6829 (URL, abgerufen am 7. September 2021).
  17. Tom Wolfe: Das Königreich der Sprache. 1. Auflage. Blessing, München 2017 (Originaltitel: The Kingdom of Language, übersetzt von Yvonne Badal aus dem Englischen), ISBN 978-3-89667-588-0, Seite 179 (englische Originalausgabe 2016).
Singular Plural
Nominativ die Unperson die Unpersonen
Genitiv der Unperson der Unpersonen
Dativ der Unperson den Unpersonen
Akkusativ die Unperson die Unpersonen

Worttrennung:

Un·per·son, Plural: Un·per·so·nen

Aussprache:

IPA: [ˈʊnpɛʁˌzoːn]
Hörbeispiele:   Unperson (Info)

Bedeutungen:

[1] veraltet: jemand, der nicht wie ein Mensch wirkt

Herkunft:

Bildung zum Substantiv Person durch Präfigierung von un-

Beispiele:

[1] „« Soll ich », fiſtulirte der Apotheker wüthend gemacht, « zufolge Ihrer Terminologie ein Recept heißen, ſo ſind Sie ſelbſt ein toll gewordenens Rechnenexempel in Hoſen und Uniform, eine Unperſon, ein bloßes Ding mit Redewind auf Walzen, weiter nichts; ein bloßer Mechanismus, der gar nicht auf lebendige, ſondern nur auf krepirte Weiſe confuſe, zu werden vermag.»“[1]

Übersetzungen

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[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Unperson

Quellen:

  1. Bogumil Goltz: Ein Jugendleben. Biographiſches Idyll aus Weſtpreußen. Dritter Band, F. A. Brockhaus, Leipzig 1852, Seite 153 (Zitiert nach Google Books).