Industriegebiet
Ein Industriegebiet, auch Industriezone, Industriezentrum, Industriestandort, ist – ähnlich dem Gewerbegebiet – ein vorzugsweise für Produktionsbetriebe vorgesehenes Baugebiet oder allgemeiner eine intensiv industrialisierte Gegend (Industrieregion, Industrieraum).
Grundlagen
BearbeitenVom Gewerbegebiet im eigentlichen Sinne unterscheidet sich ein Industriegebiet durch die Ansiedlung von Betrieben, die ein bestimmtes Maß an Umweltbelastungen wie Lärm, Luftschadstoffe, Staub und Gerüche erzeugen und darum insbesondere von Wohngebieten ferngehalten werden sollen. Es soll von Wohn- und Mischgebieten (gemischte Nutzung) ausreichend abgetrennt sein, für Schwerverkehr und andere Infrastruktur erschlossen (z. B. Gleisanschluss, Energie, Entsorgung) und mit speziellen Umweltauflagen belegt werden. Industriegebiete können – örtlich bedingt – noch weiteren Einschränkungen oder Erlaubnissen unterliegen.
Im geographischen Sinne werden als Industriegebiete (Industrieregionen) allgemeiner und auch großräumiger alle Regionen bezeichnet, die eine überdurchschnittlich hohe Industriedichte aufweisen.[1] Von alters her meint man damit meist Schwerindustrie, zum Beispiel das Ruhrgebiet, Oberschlesien oder das Donezbecken (dann im deutschen oft speziell Industrierevier). Solche altindustrialisierten Gebiete wurden bereits teilweise deindustrialisiert.
Industrieraum ist ein recht moderner Begriff der Raumplanung für eine siedlungs- und wirtschaftsgeographische Einheit, die aus einem (oder mehreren) „mehr oder weniger zusammenhängenden, teilweise auch grenzüberschreitenden“ Industriegebieten besteht.[1]
Nationales
BearbeitenDeutschland
BearbeitenIn Deutschland wird ein Industriegebiet grundsätzlich im Flächennutzungsplan ausgewiesen. Die in einem Industriegebiet zulässigen Nutzungen sind in § 9 der deutschen Baunutzungsverordnung (BauNVO) geregelt. Weitere Einzelheiten für ein Industriegebiet werden durch einen Bebauungsplan festgesetzt. In einem Industriegebiet sollen besonders störende Betriebe, die aus Lärmschutzgründen in einem Gewerbegebiet nicht zulässig sind, angesiedelt werden, um die Orientierungswerte der DIN 18005 einzuhalten. Diese Orientierungswerte betragen für Gewerbegebiete 65 dB am Tage und 55 dB in der Nacht,[2] so dass die Lärmpegel in einem Industriegebiet wesentlich höher liegen können. Dabei ist ein entsprechender Abstand insbesondere zu Wohngebieten einzuhalten.[3]
Österreich
BearbeitenDer Flächenwidmungsplan und der Bebauungsplan, in denen die Bebauung und Nutzung festgelegt wird, ist in den Bau- und Raumordnungs-Gesetzen der Länder festgelegt.
Landesspezifische Regelungen (Auswahl):
- In Kärnten sind als Industriegebiete „jene Grundflächen festzulegen, die bestimmt sind für Betriebsgebäude und dazugehörige sonstige bauliche Anlagen von gewerblichen Klein- und Mittelbetrieben, von gewerblichen Großbetrieben und von Industriebetrieben, die erheblichen Umweltbelastungen verursachen“ (Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 – K-GplG)[4]
- In Oberösterreich sind Industriegebiete eine Erweiterung des Betriebsbaugebietes, in denen auch Betriebe und Lagerplätze aufgenommen werden können, „die auf Grund ihrer Betriebstype die Umgebung (insbesondere durch Lärm, Staub, Geruch oder Erschütterungen) erheblich stören“ oder „(insbesondere durch Dämpfe, Gase, Explosionsstoffe oder durch Strahlung) gefährden“ (Oö. Raumordnungsgesetz 1994 – Oö. ROG)[5]
- Salzburg: Industriegebiet (IG): in einem solchen sind „bauliche Anlagen für Betriebe, die eine übermäßige Beeinträchtigung der Umgebung verursachen“, zulässig (Raumordnungsgesetz 1998 – ROG)[6]
Industriezone (Indz) ist nach der österreichischen topographischen Siedlungskennzeichnung auch eine eigenständige Siedlungsform, die sich meist auf die kleinstrukturelle bebauungsplanerische Ausweisung bezieht: Diese kleinräumigen Industriegebiete verstreuen sich durchwegs entlang der örtlichen und regionalen Verkehrs- und Entwicklungsachsen, was auch der Zweck der Ausweisung in Raum- und Bauordnung ist.
Großmaßstäbliche Industriegebiete, also Häufungen kleinskaliger industrieller Konzentration, gibt es in Österreich traditionell im Raum Wien und Umgebung – das modellhafte Industrieviertel Niederösterreichs, im Oberösterreichischen Zentralraum Linz–Wels–Unteres Trauntal, im Oberösterreichischen Inntal in Nachbarschaft zum bayerischen Chemiedreieck, im Tiroler Inntal, im Vorarlberger Rheintal, im Raum Grazer Becken, sowie im steirischen Mur-Mürz-Tal nahe der uralten Eisenindustrie des Erzbergs, mit einem Fokus auf metallverarbeitende Industrie und Werkstoffe. Die Industriezonen Österreichs sind landesweite Wirtschaftsmotoren, die auch in die Nachbarländer weiterwirken.
Namenkunde
BearbeitenIndustriegebiet ist auch der Eigenname zahlreicher Stadtbezirke oder Stadtteile von Städten, wie z. B. Bayreuth, Konstanz, Landshut, Greifswald, Radevormwald, Koblenz (aufgelöst durch Aufteilung zwischen benachbarten Stadtteilen am 1. Januar 2007) und Halle (Saale) (hier: Industriegebiet Nord). Diese Stadtteilbezeichnungen gehen auf die vorherrschende historische Nutzung als Industriegebiet zurück.
Literatur
Bearbeiten- Thomas Glatte: How BASF navigates China Site Selection Magazine, Vol. 49, No. 4, July 2004
- Thomas Glatte: Die internationale Produktionsstandortsuche im immobilienwirtschaftlichen Kontext. Expert Verlag, Renningen 2012, ISBN 978-3-8169-3086-0.
- Martin Godau: Die Bedeutung weicher Standortfaktoren bei Auslandsinvestitionen mit besonderer Berücksichtigung des Fallbeispiels Thailand. Dimplomica-Verlag, Hamburg, 2006
- Martin Goette: Standortpolitik internationaler Unternehmen. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden, 1994
- Theodor Sabathil: Standortprobleme internationaler Industrieunternehmungen. Dissertation, Universität Erlangen-Nürnberg, 1969
- Karl-Werner Schulte, Stephan Bohne-Winkel (Hrsg.): Handbuch Immobilien-Projektentwicklung. Rudolf Müller, Köln 2002, ISBN 978-3-89984-167-1.
- Peter Tesch: Die Bestimmungsgründe des internationalen Handels und der Direktinvestition. Dissertation, Freie Universität Berlin, 1980
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Industrieregion. In: Gablers Wirtschaftslexikon. online.
- ↑ Hinweise zur Berücksichtigung des Schallschutzes, veröffentlicht vom Amt für Umweltschutz, Stuttgart
- ↑ DIN 18005-1 Schallschutz im Städtebau, Beurteilungspegel, veröffentlicht vom Amt für Umweltschutz, Stuttgart
- ↑ § 3 Bauland Z. 9 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 – K-GplG 1995, StF: LGBl Nr. 23/1995 (als „Betriebsgebäude/bauliche Anlagen […], die nicht unter Abs. 7 Gewerbegebiete fallen“)
- ↑ § 22 Widmungen im Bauland Abs. 7 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 – Oö. ROG 1994, StF: LGBl.Nr. 114/1993 (mit Abs. 6 Z. 1 als Ausschlusskriterium für Gewerbegebiet im engeren Sinne; Abgrenzung nur zu den Abs. 1–5)
- ↑ § 30 Bauland Z. 8 [Sbg.] Raumordnungsgesetz 1994 – ROG 1998, StF: LGBl Nr. 30/2009