Heinrich Marschner

deutscher Komponist

Heinrich August Marschner (* 16. August 1795 in Zittau; † 14. Dezember 1861 in Hannover) war ein deutscher Komponist der Romantik, Musikdirektor in Dresden und Kapellmeister in Leipzig, ab 1831 königlicher Hofkapellmeister in Hannover. Seine Opern machten ihn zwischen 1830 und 1850 zu einem der führenden deutschen Opernkomponisten romantischer Richtung jener Zeit und gelten als wichtiges Bindeglied zwischen den Werken Carl Maria von Webers und Richard Wagners. Mit der Einbeziehung des romantischen Erlösungs-Motivs (Hans Heiling) wirkte er anregend auf Richard Wagners Leitmotivik.

Heinrich Marschner, 1831
 
Marschners Geburtshaus in Zittau
 
Marschners Wohnhaus in Pressburg um 1818/19
 
Gedenktafel an Marschners Wohnhaus in Leipzig 1828
 
Carte de Visite von Marschner aus den 1850/1860er Jahren
 
Todesanzeige für Marschner 1861
 
Bronzestatue in der Georgstraße in Hannover
 
Carl Grossberg: Marschnerdenkmal Hannover, Aquarell 1936
 
Grabstein auf dem Neustädter Friedhof in Hannover

Heinrich Marschner, Sohn eines böhmischen Handwerkers, studierte 1813 an der Universität Leipzig zunächst Jura. Unter dem Einfluss seines Lehrers Johann Gottfried Schicht wandte er sich aber der Musik zu und begann zu komponieren.[1] Im Jahr 1817 wurde er Musiklehrer des Grafen Johann Nepomuk Zichy (1777–1830) in Preßburg. Während dieser Jahre begann er seine ersten Opern zu schreiben. So entstand unter anderem Heinrich IV. und D’Aubigné, welche unter Carl Maria von Weber 1820 in Dresden uraufgeführt wurde. 1821 zog er nach Dresden, wo er 1824 bis 1826 Musikdirektor an der dortigen Oper war. 1825 wurde in Dresden das komische Singspiel Der Holzdieb uraufgeführt, seine bereits 1822 vollendete große Oper Lucretia, deren Vorbild Gaspare Spontinis Vestalin war, kam dann mit seiner Frau Marianne, geborene Wohlbrück (1805–1854) in der Titelrolle in Danzig heraus. Seinen Durchbruch als weithin anerkannter Komponist erzielte Marschner 1828 mit Der Vampyr und 1829 mit Der Templer und die Jüdin (beide Libretti: Wilhelm August Wohlbrück) am Leipziger Stadttheater, wo er 1827–1831 als Leiter des Orchesters tätig war.

Marschner komponierte zudem einige Stücke für die Gitarre, so 12 Bagatellen (op. 4)[2] und 12 Gesänge mit Gitarrebegleitung (op. 5).[3]

Zum 1. Januar 1831 wurde Marschner in Hannover in der Nachfolge von Heinrich Aloys Praeger zum Königlich Hannoverschen Kapellmeister berufen, die ersten 21 Jahre im Schlossopernhaus am Leineschloss, ab 1852 im Königlichen Hoftheater von Laves tätig. Als solcher – später mit dem Titel des Generalmusikdirektor – erweiterte er allmählich die Zahl der zu öffentlichen Opern- und Konzertauftritten verpflichteten, anfangs noch insbesondere im Schlossopernhaus auftretenden Mitglieder der Hannoverschen Hofkapelle.[4]

Während seiner Zeit in Hannover schuf Marschner mit Hans Heiling auch sein bedeutendstes Werk, das ein Schlüsselwerk der deutschen romantischen Oper wurde. Das Libretto dazu lieferte der Sänger und Schauspieler Philipp Eduard Devrient. Mit der Komposition dieser Oper war Marschner auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er war auch mit den Nachfolgewerken noch einige Zeit erfolgreich, jedoch überstrahlten ihn der Ruhm eines Giacomo Meyerbeer oder später jener Richard Wagners. Die Hoffnung, in Berlin Nachfolger Spontinis an der Hofoper zu werden, erfüllte sich nicht. So blieb Marschner bis 1859 an der Oper in Hannover. Ab 1838 ließ er zwei seiner neuen Opern in Hannover uraufführen (Der Bäbu und Austin).

In seinen letzten Lebensjahren 1860/61, in denen er auch danach strebte, in Paris Erfolg zu haben, galt Marschner als Mann der Vergangenheit, welcher der Gegenwart nicht mehr aufgeschlossen gegenüberstand. Er starb 1861 in Hannover. Seine Grabstätte befindet sich auf dem dortigen Neustädter Friedhof. An der Georgstraße erinnert an ihn ein 1877 aufgestelltes Denkmal von dem Bildhauer Ferdinand Hartzer. Marschners Witwe Therese geborene Janda heiratete später den österreichischen Komponisten Otto Bach.

Hans Joachim Moser schreibt:

„Marschner zeigt das tragische Schicksal eines in den drei wichtigsten Bühnenwerken genialen Romantikers, der dann während der Enge des Biedermeiers sich selbst überlebte und in Liedertafelei verflachte. Er nimmt eine wichtige Stellung zwischen Weber und Wagner ein, der in seiner Frühzeit ... ihm manches verdankt. Marschner besitzt in seinen besten Augenblicken Dämonie und echte Volkstümlichkeit, gleitet aber oft in den allzu billigen italienischen Stil seiner Zeitgenossen Bellini, Mercadante und Pacini ab.“

Zu seinen Lebzeiten genoss er eine hohe Wertschätzung unter seinen Musikerkollegen, wie z. B. Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann oder auch Richard Wagner, der bei Marschner den dramatisch geführten Sprechgesang in seinen Musiktragödien perfektionierte.

Die Titelgestalten Marschners in seinen Opern sind mit Vorliebe gespenstisch dämonische Typen, welche häufig eine gespaltene Persönlichkeit besitzen, die schließlich auch einen romantischen Helden verkörpern. Marschners bekannteste Melodie stammt aus seiner romantischen Oper Hans Heiling. Die Melodie hat ihre Bekanntheit durch Antonín Dvořák erlangt, der sie in seiner 9. Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ verwendete.

Werkumfang

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Marschner komponierte dreizehn Opern, zwei Singspiele und sechs Schauspielmusiken sowie mehr als 420 Klavierlieder, eine Messe und über 120 Männerchöre. Außerdem schrieb er Kammermusik und Klavierwerke.[5]

„Dreizehn Opern hat Heinrich Marschner komponiert. Während die meisten seiner Bühnenwerke heute unverdientermaßen vernachlässigt werden, sind Der Vampyr (1828) und vor allem Hans Heiling (1833) als Paradebeispiele frühromantischer Musikdramen bekannt.“

Eckhardt van den Hoogen: ABC der klassischen Musik. Die großen Komponisten und ihre Werke. Eichborn, Frankfurt am Main 2002, S. 137.
  • Fragment: Titus, Ernste Oper, 1817
  • Der Kyffhäuserberg, Komische Oper in einem Akt, 1817 (Uraufführung: 2. Januar 1822 im Stadttheater Zittau)
  • Saidar und Zulima, Romantische Oper in drei Akten, 1818 (Uraufführung: 26. November 1818 im Schauspielhaus Preßburg)
  • Heinrich IV und D’Aubigné, Große Oper in drei Akten, 1819 (Uraufführung: 19. Juli 1820 im Hoftheater Dresden)
  • Geplant: Das stille Volk, Zauberspiel, 1818
  • Der Holzdieb, Komische Oper in einem Akt (Uraufführung: 22. Februar 1825 im Hoftheater Dresden) umgearb., als Geborgt, 1853
  • Lucretia, Große ernsthafte Oper in zwei Akten (Uraufführung: 17. Januar 1827 im Stadttheater Danzig)
  • Der Vampyr, Romantische Oper in zwei Akten (Uraufführung: 29. März 1828 im Stadttheater Leipzig)
  • Der Templer und die Jüdin, Große romantische Oper in drei Akten (Uraufführung: 22. Dezember 1829 im Stadttheater Leipzig), nach Walter Scotts Ivanhoe
  • Des Falkners Braut, Komische Oper in drei Akten (Uraufführung: 10. März 1832 im Stadttheater Leipzig)
  • Hans Heiling, Romantische Oper mit einem Vorspiel und drei Akten (Libretto: Eduard Devrient, Uraufführung: 24. Mai 1833 in der Königlichen Hofoper Berlin)
  • Das Schloß am Ätna, Große romantische Oper in drei Akten (Uraufführung: 29. Januar 1836 im Stadttheater Leipzig)
  • Der Bäbu, Komische Oper in drei Akten (Uraufführung: 19. Februar 1838 im Königlichen Hoftheater Hannover)
  • Kaiser Adolph von Nassau, Große Oper in vier Akten (Uraufführung: 5. Januar 1845 im Königlich-Sächsischen Hoftheater Dresden)
  • Austin, Romantische Oper in vier Akten (Uraufführung: 25. Januar 1852 im Hoftheater Hannover)
  • Sangeskönig Hiarne oder Das Tyrsingsschwert, Große romantische Oper in vier Akten mit einem Libretto von Wilhelm Grothe (Uraufführung: 13. September 1863 im Nationaltheater Frankfurt am Main)[6]

Schauspielmusik

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Auszeichnungen und Ehrungen

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In einigen deutschen Städten sind Straßen nach Marschner benannt. Eine Gedenktafel am Ranstädter Steinweg in Leipzig verweist auf das Gasthaus Zur goldenen Laute, in dem Marschner 1827 bis 1828 wohnte und seine Oper Der Vampyr vollendete.

Literatur

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  • Allmuth Behrendt, Matthias Theodor Vogt (Hrsg.): Heinrich August Marschner. Bericht über das Zittauer Marschner-Symposium. Ein Symposium des Instituts für Kulturelle Infrastruktur Sachsen (= Kulturelle Infrastruktur. Band 5). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 1998, ISBN 3-931922-22-7.
  • Brockhaus: Musik. Mannheim/Leipzig 2006, Lemma Marschner, S. 404–405.
  • Georg Fischer: Marschner-Erinnerungen. Hahn’sche Buchhandlung, Hannover/Leipzig 1918.
  • Moritz FürstenauMarschner, Heinrich August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 435–441.
  • Hans Gaartz: Die Opern Heinrich Marschners
  • Adolph Kohut: Aus Josefs Tichatscheks Nachlass. Briefe von Richard Wagner, Heinrich Marschner, Albert Niemann, Hans von Bülow, Wilhelmine Schröder-Devrient, Johanna Jachmann-Wagner und Marie Seebach. In: Bühne und Welt. Verlag von Bühne u. Welt, Hamburg 1907, Nr. 9, 1906/07, Teil II, S. 418–423.
  • Georg Münzer: Heinrich Marschner. Harmonie, Berlin 1901. (Digitalisat)
  • Allen Dean Palmer: Heinrich August Marschner, 1795–1861. His life and stage works. Ann Arbor 1980.
  • Wilhelm PfannkuchMarschner, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 257 f. (Digitalisat).
  • Reclams Opernführer. Reclam-Verlag, Ditzingen 1994, ISBN 3-15-010406-8
  • Wilhelm Rothert: Allgemeine Hannoversche Biografie. Band 2: Im Alten Königreich Hannover 1814–1866. Sponholtz, Hannover 1914, S. 333–347.
  • Till Gerrit Waidelich (Hrsg.): Von der Lucretia zum Vampyr. Neue Quellen zu Marschner. Dokumente zur Entstehung und Rezeption der Lucretia. Vollständige Edition des Reise-Tagebuchs von 1826 bis 1828. Anmerkungen zu Marschners journalistischem Wirken. Schneider, Tutzing 1996, ISBN 3-7952-0837-8.
  • Brigitta Weber: Heinrich Marschner. Königlicher Hofkapellmeister in Hannover. Niedersächsische Staatstheater, Hannover 1995, ISBN 3-931266-01-X.
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Commons: Heinrich Marschner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Marschner. In: Brockhaus: Konversationslexikon. 14., vollständig neubearbeitete Auflage. Brockhaus, Leipzig 1895, Band 11, S. 628.
  2. Walter Götze (Hrsg.): Heinrich Marschner: 12 Bagatellen, op. 4. B. Schott’s Söhne, Mainz (= Gitarren-Archiv. Band 41).
  3. Martin Rätz (Hrsg.): Klassiker der Gitarre. Studien- und Vortragsliteratur aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Band 2. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1978; Lizenzauflage Schott, Mainz, S. 106–117 (Zwölf Bagatellen) und 140 (Zu den Komponisten).
  4. Wulf Konold (Ges.-Red.), Klaus-Jürgen Etzold (Mitverf.): Praeger, Heinrich Aloys. In: Wulf Konold, Klaus-Jürgen Etzold: Das Niedersächsische Staatsorchester Hannover 1636 bis 1986. Hrsg. von der Niedersächsischen Staatsorchester Hannover GmbH. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 1986, ISBN 3-87706-041-2, S. 178 u und 180.
  5. Marschner. In: Brockhaus: Musik. Mannheim/Leipzig 2006, S. 404–405.
  6. Ein Digitalisat zum König Hiarne befindet sich auf www.loc.gov
  7. Verzeichnis der Ehrenpromotionen. Universitätsarchiv Leipzig, abgerufen am 11. Januar 2023.