Kraftwerksgruppe Stubachtal
Die Kraftwerksgruppe Stubachtal bzw. das Stubachwerk[1][2][3] ist ein System aus sechs Bahnstrom-Wasserkraftwerken der Österreichischen Bundesbahnen im Stubachtal in den Hohen Tauern. Es handelt sich um Speicherkraftwerke, die künftig auch teilweise zu Pumpspeicherkraftwerken ausgebaut werden.[4]
Anbindung an das 50-Hz-Netz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kraftwerksgruppe ist an das 110-kV-Bahnstromnetz der ÖBB angeschlossen.[5] Um den innerhalb Österreichs regional unterschiedlichen Bedarf an elektrischer Traktionsenergie besser ausgleichen zu können, kann der im Stubachtal erzeugte einphasige Bahnstrom mit einer Netzfrequenz von 16,7 Hz seit 2015 in einem Frequenzumformerwerk in Uttendorf teilweise in Dreiphasenwechselstrom mit 50 Hz Netzfrequenz umgewandelt werden und in das öffentliche Hochspannungsnetz der Austrian Power Grid eingespeist werden, um an anderer Stelle in Österreich durch Umformerwerke wieder zurück in Bahnstrom gewandelt zu werden. Damit können Übertragungsverluste, die innerhalb des mit 110 kV betriebenen Bahnstromnetzes auftreten würden, durch die Nutzung des größeren öffentlichen Stromnetzes mit seinen höheren Übertragungsspannungen reduziert werden.[6][7][8]
Einzelne Kraftwerke der Gruppe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Abarbeitung des Triebwassers geschieht in mehreren einzelnen Kraftwerken, die sich auf verschiedenen Höhenniveaus im Stubachtal befinden. Die nicht öffentliche Werkseilbahn Enzingerboden-Tauernmoos-Weißsee stellt den ganzjährigen Zugang zu den im hochalpinen Gelände gelegenen Bauwerken sicher. Im Zuge der Planungen für das KW Tauernmoos wird jedoch die Errichtung eines mit LKW befahrbaren Zufahrtstunnelsystems, das am Talschluss Enzingerboden beginnt und bis zur künftigen Kraftwerkskaverne und zum Portal Weißsee führt, beabsichtigt.[9]
Kraftwerk Süd
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Beileitung Süd sammelt einige Gewässer südlich des Alpenhauptkammes im Gemeindegebiet von Matrei in Osttirol und führt sie durch ein acht Kilometer langes Stollensystem dem Tauernmoossee zu. Das 1968 bis 1974 errichtete Kavernen-Kraftwerk Süd nutzt das Gefälle dieser Beileitung. Die Nettofallhöhe beträgt 215 m, die zweidüsige Peltonturbine leistet bei 694 l/s Durchsatz 1,2 MW. Der erzeugte Drehstrom dient dem Eigenbedarf der Betriebsanlagen der Beileitung Süd und dem Kraftwerk Enzingerboden.[10]
Kraftwerk Enzingerboden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kraftwerk Enzingerboden gilt als die Hauptstufe der Gruppe. Sie nutzt den Hauptspeicher Tauernmoossee sowie die Vorspeicher Weißsee, Amertaler See und Salzplattensee . Amertaler See (auch: Amersee) und Salzplattensee werden über die Beileitung Nord erfasst, die in den Weißsee mündet.[11]
Kraftwerk Grünsee
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Parallel zur Hauptstufe besteht am Enzingerboden ein kleines Kraftwerk, das aus dem Grünsee gespeist wird. Die Nutzfallhöhe beträgt 256,5 m, die Leistung 500 kW bei einem Durchfluss von 2,4 m³/s.[12]
Kraftwerk Schneiderau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Mittelstufe bildet das oberhalb der Rotte Schneiderau gelegene Kraftwerk Schneiderau , das das Unterwasser des Kraftwerks Enzingerboden sowie die Zuflüsse zur Stubach nach dem Tauernmoossee nutzt. Außerdem nutzt es den Wiegenbach, der in sein Wasserschloss eingeleitet wird.
Kraftwerk Uttendorf I
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kraftwerk Uttendorf I bildet eine der beiden Unterstufen und liegt bei der Gemeinde Uttendorf in der Nähe des Taleingangs des Stubachtales auf ca. 800 m ü. Adria. Es nützt das Unterwasser der Mittelstufe sowie das neben der Mittelstufe anfallende Wasser und einige Bachbeileitungen. Nach der Turbinenpassage wird das Triebwasser der Stubach zugeleitet, die kurz darauf als rechter Nebenfluss in die Salzach mündet.
Kraftwerk Uttendorf II
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kraftwerk Uttendorf II befindet sich im gleichen Betriebsgebäude wie das KW Uttendorf I. Es nützt das abgearbeitete Wasser des Kraftwerks Enzingerboden, das im etwas unterhalb gelegenen Ausgleichsbecken Enzingerboden gespeichert wird. Im Gegensatz zum Kraftwerk Uttendorf I führt der Triebwasserweg unter Auslassung des Kraftwerks Schneiderau direkt zu den Maschinensätzen des KW Uttendorf II. Die bewilligte Durchflussmenge beträgt 12 m³/s bei einer Nutzfallhöhe von 664 m, die Engpassleistung beträgt 66 MW.[13]
Kraftwerk Tauernmoos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Weißsee wurde während und nach dem Zweiten Weltkrieg eingestaut, um das Triebwasser dem Hauptspeicher Tauernmoos bedarfsgerecht zuführen zu können. Der Höhenunterschied zwischen den Seen wurde dabei bislang nicht genützt. Es soll eine unterirdische Kavernen-Anlage errichtet werden, um den Höhenunterschied in Zukunft nutzbar zu machen. Dabei wird der Weißsee das Oberbecken und der Tauernmoossee das Unterbecken für die Pumpspeicheranlage. Es kommen zwei reversible Pumpturbinen mit je 85 MW Leistung und maximal 40 m³/s Durchfluss zum Einsatz.[14] Während die anderen Anlagen im Stubachtal ausschließlich Bahnstrom erzeugen, werden im KW Tauernmoos Maschinensätze installiert, die mit 50 Hz Dreiphasenwechselstrom betrieben werden. Die Anbindung an die Übertragungsnetze erfolgt durch ein 18,5 km langes 110-kV-Erdkabel von den Maschinentransformatoren zur Umrichteranlage Uttendorf.[8] Der Baubeginn war 2020, 2025 soll das neue Pumpspeicherkraftwerk in Betrieb genommen werden.[15]
Bilder
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Blick talauswärts: Weißsee (links) und Tauernmoossee (rechts)
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Gedenktafel für ein Außenlager des KZ Dachau
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Stubachwerk. In: ÖNB Digital. Österreichische Nationalbibliothek, abgerufen am 4. Juni 2023.
- ↑ Max Singer: Der Baugrund – Praktische Geologie für Architekten, Bauunternehmer und Ingenieure. Julius Springer, Wien 1932, ISBN 978-3-7091-5037-5, S. 120, doi:10.1007/978-3-7091-5037-5_4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 4. Juni 2023]).
- ↑ Nicole Slupetzky: Weiße Hölle Weißsee. Zwangsarbeit in 2.300 m Höhe – Teil 2: Weißsee, ein Nebenlager des KZ Dachau. In: BergNews.com. Thomas Rambauske, abgerufen am 4. Juni 2023.
- ↑ Werksgruppe Mitte. ÖBB-Infrastruktur, ehemals im ; abgerufen am 2. Oktober 2016. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Bezeichnung der 55kV / 110kV Bahnstromleitungen. ÖBB-Infrastruktur, archiviert vom ; abgerufen am 4. Juni 2023.
- ↑ Johann Pluy: Den Stormbedarf einer Kleinstadt eingespart. In: Salzburger Nachrichten. 17. April 2015 (pressreader.com [abgerufen am 2. Oktober 2016]).
- ↑ Bau-Information KW-Tauernmoos – Frequenzumformer Uttendorf. ÖBB-Infrastruktur, Juni 2013, S. 2 (online [ vom 8. Oktober 2016 im Internet Archive] [PDF; abgerufen am 4. Juni 2023]).
- ↑ a b Pumpspeicherkraftwerk „Tauernmoos“ – Bescheid nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000. Amt der Salzburger Landesregierung, 25. April 2012 (online [ vom 19. April 2016 im Internet Archive] [PDF; abgerufen am 4. Juni 2023]).
- ↑ Ergänzung des Umweltverträglichkeitsgutachtens für das Vorhaben Kraftwerk Tauernmoos. Amt der Salzburger Landesregierung, 6. Mai 2014 (online ( vom 8. Oktober 2016 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 4. Juni 2023]).
- ↑ Wasserbuch-Auszug Beileitung Süd. Land Tirol, abgerufen am 3. Oktober 2016.
- ↑ Umweltverträglichkeitsgutachten für die Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVP-G 2000 für das Vorhaben Kraftwerk Tauernmoos der ÖBB-Infrastruktur AG, Wien. Amt der Salzburger Landesregierung, 28. Oktober 2011, S. 257 (online ( vom 9. Oktober 2016 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 4. Juni 2023]).
- ↑ Wasserbuch-Auszug KW Grünsee. In: service.salzburg.gv.at. Abgerufen am 9. Oktober 2016.
- ↑ Wasserbuch-Auszug KW Uttendorf II. In: service.salzburg.gv.at. Abgerufen am 9. Oktober 2016.
- ↑ ÖBB-Kraftwerk Tauernmoos genehmigt. In: salzburg.ORF.at. Österreichischer Rundfunk, 1. Mai 2012, abgerufen am 11. Februar 2020.
- ↑ ÖBB-Pumpspeicherkraftwerk: Baubeginn im Stubachtal. In: salzburg.ORF.at. Österreichischer Rundfunk, 11. Februar 2020, abgerufen am 11. Februar 2020.
Koordinaten: 47° 15′ 44,5″ N, 12° 34′ 5″ O