Quelltext der Seite Nekrolog (Totenverzeichnis)

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[[Datei:Essener Necrolog01.JPG|mini|hochkant=1.5|Ein Nekrolog aus dem [[Stift Essen]] (ca. 1300). Aufgeschlagen ist die Woche vom 12. bis 18. August mit dem Eintrag des Stiftsgründers [[Altfrid]] am 15. August.]]

Ein '''Nekrolog''' (Plural ''Nekrologe'') ist ein Verzeichnis der Verstorbenen, wie es seit dem [[Mittelalter]] in [[Kloster|Klöstern]] und [[Stift (Kirche)|Stiften]] geführt wurde. In der [[Neuzeit]] wurden auch außerhalb des kirchlichen Bereichs Nekrologe verfasst, teils mit ausführlichen Biografien, teils mit kurzen biografischen Angaben zu den Verstorbenen.

Das Wort wird mit Bezug zum Mittelalter überwiegend als [[Neutrum]] verwendet (''das Nekrolog''), mit Bezug zur Neuzeit als [[Maskulinum]] (''der Nekrolog''). Die ursprüngliche Wortform '''Necrologium''' oder '''Nekrologium''' (Plural ''Nekrologien'') wird mit Bezug zum Mittelalter verwendet.

== Mittelalter ==
Aus dem [[Mittelalter]] sind Totenverzeichnisse in Klöstern und Stiften bekannt. ''Necrologium'' war eine der Bezeichnungen für ein solches Totenverzeichnis. In den Nekrologien waren die Namen und die wichtigsten Lebensdaten derjenigen notiert, für die man insbesondere an ihrem Sterbetag zu beten hatte. Dies waren nicht nur verstorbene Mitglieder der kirchlichen Gemeinschaft, sondern etwa auch Stifter und Wohltäter. Ab dem [[Spätmittelalter]] wurden Totenverzeichnisse in den meisten Klöstern, Stiften und Pfarrkirchen geführt.

[[Verbrüderungsbuch|Verbrüderungsbücher]] waren Vorläufer der Nekrologien. Neben ''necrologium'' gab es [[Jahrzeitbuch#Begrifflichkeit|weitere Bezeichnungen]], darunter ''mortuarium'' und ''obituarium''<ref>Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Obituarium ''Obituarium'']</ref> (heute auch '''Obituar''' genannt).

Nekrologien waren ein Bestandteil des mittelalterlichen [[Memorialwesen]]s. Wegen der in ihnen enthaltenen biografischen Daten sind sie heute wichtige historischen Quellen. Bedeutende Nekrologien sind beispielsweise aus den Klöstern [[Kloster Fulda|Fulda]], [[Kloster Prüm|Prüm]] und [[Kloster Lorch|Lorch]] erhalten.<ref>[https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/14509_DEU_HTML.php ''Totenverzeichnisse aus dem Mittelalter als wertvolle Quellen für historische Forschung''] Pressemitteilung der Universität Mainz, 19. November 2021.</ref>

== Neuzeit ==
Nach Christian Heinrich Schmid wurden unter einer Rubrik „Necrologue“[!]  im 18. Jahrhundert in Frankreich zunächst „Todtenlisten“ von im abgelaufenen Jahr verstorbenen französischen Gelehrten publiziert.<ref>Christian Heinrich Schmid: ''Nekrolog oder Nachrichten von dem Leben und den Schriften der vornehmsten verstorbenen teutschen Dichter.'' Berlin 1785, S.&nbsp;6 (Vorrede).</ref> Gegen Ende des Jahrhunderts wurden dann in Deutschland Jahrbücher mit ''Biografien'' verstorbener Persönlichkeiten veröffentlicht, die im Titel als ''Nekrolog'' bezeichnet wurden (nunmehr Maskulinum, ''der Nekrolog''), darunter die folgenden:
* [[Christian Heinrich Schmid]]: ''Nekrolog oder Nachrichten von dem Leben und den Schriften der vornehmsten verstorbenen teutschen Dichter'' (1785) 
* [[Friedrich von Schlichtegroll]]: ''Nekrolog auf das Jahr [1791–1800], enthaltend Nachrichten von dem Leben merkwürdiger in diesem Jahr verstorbener Deutscher''
* [[Christian Friedrich Buchner]]: ''Nekrolog für Freunde der deutschen Litteratur'' (1791–1794)
* ''Nekrolog der Teutschen'' (1802–1806)
* [[Friedrich August Schmidt (Lexikograf)|Georg Friedrich August Schmidt]] (Hrsg.): ''[[Neuer Nekrolog der Deutschen]]'' (1824–1854)
* ''Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog'' (1897–1917)

Nekrologe dieser Art waren nach wie vor Verzeichnisse von Verstorbenen, aber keine kirchlichen Bücher. Sie gingen auch über die registermäßige Datensammlung hinaus und beschäftigten sich im Sinne von [[Nachruf]]en ausführlich mit der Persönlichkeit und dem Leben der Verstorbenen. Andererseits gab es laut [[Joachim Heinrich Campe]] Nekrologe in Zeitschriften mit nur kurzen Angaben zu den Verstorbenen,<ref name="Campe"/> die insoweit den kirchlichen Nekrologen ähnlich waren.

Biografische Jahrbücher des 20. Jahrhunderts wie ''[[Wer ist wer?]]'' oder das ''[[Genealogisches Handbuch des Adels|Genealogische Handbuch des Adels]]'' enthalten meist unter der Überschrift ''Nekrolog'' ein gesondertes Verzeichnis der Personen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verstorben sind. Der Nekrolog des [[Munzinger-Archiv]]s enthält monatliche Listen von Todesfällen und wird laufend aktualisiert.<ref>[https://www.munzinger.de/search/publikationen/personen/nekrolog/nekrolog.jsp ''Nekrolog''] auf munzinger.de</ref>

Die deutsche Wikipedia verwendet für ihre Jahreslisten von Verstorbenen ebenfalls die Bezeichnung ''Nekrolog'' (z.&nbsp;B. [[Nekrolog 2022]]). Sämtliche dieser Nekrologe sind über die [[:Kategorie:Nekrolog|Kategorie Nekrolog]] zu finden.

== Etymologie ==
Das Wort ''Nekrolog'' geht über [[Französische Sprache|französisch]] ''nécrologe'' auf [[mittellatein]]isch {{lang|la|''necrologium''}} („Totenregister“) zurück,<ref>[https://www.dwds.de/wb/Nekrolog ''Nekrolog''] im [[Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache|Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache]].</ref> dem die [[Altgriechische Sprache|griechischen]] Wörter {{lang|grc|νεκρός|nekrós}} („tot, Toter, Leichnam“) und {{lang|grc|λέγειν|légein}} („auflesen, sammeln; lesen, vorlesen, reden“) zugrunde liegen.<ref>[[Wilhelm Gemoll]], [[Karl Vretska]]: ''Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch'', 10.&nbsp;Aufl., Oldenburg 2006.</ref>

Joachim Heinrich Campe gab in seinem ''Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke'' (1813) beim Stichwort ''Necrolog'' zwei Bedeutungen an: einerseits „ein Buch, worin von dem Leben und den Schicksalen gestorbener Personen Nachricht gegeben wird“. Campe zitierte [[Johann Friedrich August Kinderling|Kinderlings]] Vorschlag, ''Necrolog'' als ''Todtenbuch'' einzudeutschen. Davon grenzte Campe eine „zweite Bedeutung“ von ''Necrolog'' ab: „Abschnitt einer allgemeinen Zeitschrift, worin die jedesmahligen Sterbefälle, mit kurzen Nachrichten die Verstorbenen betreffend, angezeigt werden“. Für den Fall einer Zusammenstellung kurzgefasster Todesnachrichten empfahl er die Eindeutschung von ''Necrolog'' als ''Todtenanzeiger.''<ref name="Campe">Joachim Heinrich Campe: ''Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke'', Braunschweig 1813, [https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10523274?page=454 S. 432&nbsp;f.]</ref>

In [[Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit|Pierers Universal-Lexikon]] (Ausgabe 1857&nbsp;ff.) wurden zu ''Nekrolog'' vier Bedeutungen angegeben:<ref>Pierer's Konversationslexikon, Band 11, Altenburg 1860, S. 775, Stichwort ''Nekrolog'', [http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Nekr%C5%8Flog online] bei [[Zeno.org]].</ref>
# Totenregister (zu diesem Stichwort gibt das Lexikon an: dasjenige der drei [[Kirchenbuch|Kirchenbücher]], „welches die Nachrichten über die im Kirchspiele Verstorbenen enthält“, in der Regel mit Angaben zu Name, Alter, Religion, Familienstand, Datum und Uhrzeit des Todes, Todesursache, Tag, Ort und Art des Begräbnisses)<ref>Pierer's Konversationslexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 653, Stichwort ''Todtenregister'', [http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Todtenregister online] bei [[Zeno.org]].</ref>
# in Klöstern ein Buch, „worin der Todtestag von Klostergeistlichen, auch der Patrone der Klöster etc., eingetragen ist“ 
# Biografie kürzlich verstorbener Personen
# zum Plural ''Nekrologien'': Sammlung von Biografien kürzlich verstorbener Personen (mit dem Beispiel Schlichtegroll, [[#Neuzeit|siehe oben]])

Bedeutung Nr. 3 bei Pierer kommt der heute dominierenden Wortbedeutung am nächsten: ''der Nekrolog'' als Darstellung der Biografie und Würdigung des Lebenswerks einer einzelnen verstorbenen Person ([[Nachruf]]). Für diese Bedeutung gab es bis Mitte des 19.&nbsp;Jahrhunderts nur das Fremdwort ''Nekrolog''. Dann bürgerte das dafür deutsche Wort ''Nachruf'' ein, das zuvor nur wörtlich im Sinne von „Hinterherrufen“ gebraucht worden war.<ref>[[Friedrich Kluge]]: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 18. Aufl. bearb. v. [[Walther Mitzka]]. Berlin: De Gruyter 1960., S. 499.</ref>

Pierer macht wie Campe keine Angabe zum [[Genus]]. Duden gibt für die Bedeutung „Verzeichnis der Toten“ an: ''das Nekrolog'', setzt das Wort aber mit ''Nekrologium'' gleich und bezieht sich somit nur auf Nekrologien aus dem Mittelalter.<ref>Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Nekrolog_Verzeichnis_Verstorbene_Kloster ''Nekrolog, das''] (Substantiv, Neutrum), mit der Bedeutungsangabe „Nekrologium“.</ref><ref>Vgl. Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Nekrologium ''Nekrologium''] mit der Bedeutungsangabe „kalenderartiges Verzeichnis der Toten einer mittelalterlichen kirchlichen Gemeinschaft“.</ref> Das ''[[Lexikon des Mittelalters]]'' gibt für die Bedeutung „Totenbuch“ ebenfalls [[Neutrum]] an: ''das Necrolog''.<ref>Das ''Lexikon des Mittelalters'', Band 6, unterscheidet ''das Necrolog'' (Totenbuch) und ''der Nekrolog'' (Nachruf).</ref> Die ab dem späten 18. Jahrhundert erscheinenden Nekrologe mit gesammelten Biografien verwendeten das Wort als Maskulinum: ''der Nekrolog'', was sich teilweise schon im Titel zeigt, z.&nbsp;B. ''[[Neuer Nekrolog der Deutschen]]''. Mit der neueren Bedeutung „Nachruf auf eine einzelne Person“ ist das Wort immer maskulin: ''der Nekrolog''.<ref>Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Nekrolog_Nachruf_Lebensabriss ''Nekrolog, der''] (Substantiv, maskulin), mit der Bedeutungsangabe „[https://www.duden.de/rechtschreibung/Nachruf Nachruf]“.</ref>

== Siehe auch ==
* [[Jahrzeitbuch]]
* [[Totenrotel]]

== Beispiele für zeitgenössische kirchliche Nekrologien ==
* ''Necrologium Moguntinum 1802/03–2009''. Bearbeitet von Nikolaus Reinhardt (†), Jutta von Essen und David Glombik. Bischöfliche Kanzlei Mainz, Mainz 2009. [Totenverzeichnis der im [[Bistum Mainz]] wirkenden Priester und Diakone]
* ''Den unberechenbaren Tod täglich vor Augen haben. Necrologium Beuronense 1863–2013''. Hrsg. von [[Theodor Hogg]] OSB und [[Jakobus Kaffanke]] OSB. Beuroner Kunstverlag, Beuron 2013, ISBN 978-3-87071-307-2. [Totenverzeichnis der Mönche der [[Erzabtei Beuron|Benediktiner-Erzabtei Beuron]]]

== Weblinks ==
* [https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-129912 ''Nekrologe und wo sie zu finden sind – Desiderate und Potentiale memorialer Überlieferung''] Tagungsbericht auf hsozkult.de, 7. Oktober 2022
* Roland Deigendesch: [https://www.leo-bw.de/themenmodul/sudwestdeutsche-archivalienkunde/archivaliengattungen/amtsbucher/jahrtagsbucher ''Jahrtagsbücher''], in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, [[LEO-BW]], Stand 2005
* [https://www.geschichtsquellen.de/werk/3586 ''Necrologia (Nekrologien)''] geschichtsquellen.de, [[Bayerische Akademie der Wissenschaften]], mit Literaturliste zum Thema

== Einzelnachweise ==
<references />
<br>

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